Im Rahmen des Leitprojekts „Sozialräumliche Transformationen in Berlin-Brandenburg 1980-2000“ des Forschungsschwerpunkts 3 führt Liselore Durousset ein Promotionsvorhaben zum Arbeitspaket Wirtschaft durch. In ihrer Dissertation untersucht sie, wie die Wirtschaft in beiden Systemen räumlich geplant wurde bzw. verteilt war. Weiterhin untersucht sie inwiefern der Systemwechsel sich konkret auf die Planung und Praxis der wirtschaftsräumlichen Entwicklung auswirkte. Dafür wählte sie als Fallbeispiel Ludwigsfelde, das bis 1989 eine für die DDR-Raumplanung typische Entwicklung zu einer industriellen kleinen Mittelstadt verfolgte und sich durch seine spannende wirtschaftsräumliche Entwicklung in den 1990er-Jahren im Großraum Berlin auszeichnete. <br/><br/>Die industrielle Bedeutung von Ludwigfelde begann 1936 mit dem Bau eines Daimler-Benz-Flugzeugmotorenwerks, das nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und demontiert wurde. Durch die Gründung des „VEB Industriewerke Ludwigsfelde“ (IWL) 1952, die Umgestaltung als „VEB IFA-Automobilwerke Ludwigsfelde“ und zuletzt die Aufwertung zum Stammbetrieb des neu gegründeten „IFA-Kombinats Nutzkraftwagen“ 1978 entwickelte sich der Industrieort schrittweise zu einer immer größeren, sozialistisch und industriell geprägten Kleinstadt mit. In den 1990er-Jahren mussten sowohl Stadt als auch Unternehmen die Herausforderungen der neueingeführten Marktwirtschaft überwinden. Das Industriegebiet wurde infolge der Privatisierung des IFA aufgespalten. Gleichzeitig entstanden in kurzer Zeit mehrere großflächige neue Gewerbegebiete aufgrund der günstigen Lage am Berliner Autobahnring im Umland der wiedervereinigten Hauptstadt. Am Anfang der 2000er-Jahren wurde die Stadt als „die Boomtown schlechthin“ in Ostdeutschland bezeichnet. Wie diese sozialräumlichen Transformationen der Wirtschaft verlaufen sind und wie das langfristig zu deuten ist, wird diese Arbeit zeigen.<br/>Die Analyse basiert auf der Gegenüberstellung der Diskurse unterschiedlicher individueller oder institutioneller Akteursgruppen über diese Räume mit den realen räumlichen Entwicklungen der Unternehmenslandschaft in der Stadt. <br/><br/>Neben einer historischen Quellenanalyse und der Anwendung von Oral History-Methoden wird eine „Wirtschaftstopographie“ des damaligen Zustandes mit Hilfe eines GIS-Programms rekonstruiert, visualisiert und anhand einer sozialräumlichen Strukturanalyse untersucht. Damit wird es möglich sein, damalige Verflechtungen, Handlungsspielräume der jeweiligen Akteur:innen, sowie Ko-Transformationen zwischen Berlin und seinem Brandenburger Umland zu erkennen. Ziel der Arbeit ist es, langfristige Prozesse von transformationsbedingten Brüchen und Kontinuitäten zu unterscheiden, die Entwicklung der Machtverhältnisse sowie ihre Wirkung im Raum zu verstehen, die Industrie- und Gewerbegebiete zu historisieren sowie die Narrative aus dieser und über diese Zeit zu reflektieren.
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