Forschungsgruppe

Historische Stadt- und Raumforschung

Die Forschungsgruppe ist an der Schnittstelle von allgemeiner Zeitgeschichte sowie Stadt-, Planungs- und Architekturgeschichte angesiedelt. Sie stellt u.a. Karten verschiedenster Form als Analyse- und Visualisierungstools in den Mittelpunkt ihrer Forschung. Weiterhin verfolgt sie Vorhaben aus dem Bereich der Stadt- und Urbanisierungsgeschichte. Dazu gehört die integrierte Analyse gesellschafts- und planungsgeschichtlicher Vorgänge in beiden deutschen Staaten. In den Blick genommen werden dabei auch die jeweiligen räumlichen Zusammenhänge sowie die Verflechtungsgeschichte im globalen Kalten Krieg. Intensiviert wurde zuletzt die Erforschung von Schlüsselinstitutionen von Staat und Bauwesen am Beispiel des Statistischen Bundesamtes, der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft sowie der Bauakademie, jeweils mit besonderer Akzentuierung der Transformationszeit am Übergang in die 1990er Jahre.

Diese zeitliche Erweiterung auf die Transformationszeit und die Einbeziehung von Digital History und partizipativen Citizen-Science-Zugängen bilden einen Überschneidungspunkt mit der Forschungsinfrastrukturgruppe "Digital History/Wissenschaftliche Sammlungen". Neu für die Forschungsgruppe ist ein Schwerpunkt auf der Geschichte des Wohn- und Grundeigentums. Dadurch rückt der Boden als umkämpfte, knappe Ressource in den Mittelpunkt, ergänzt um die historische Analyse unterschiedlicher Wohnräume und -formen sowie ihrer jeweils angeeigneten Wohnerfahrungen. Im Fokus steht das Einfamilienhaus in der Vorstadt, das Villenviertel im langen 20. Jahrhundert, aber auch die Erfahrungsgeschichte der Großwohnsiedlung und Diskurse über Obdachlosigkeit. Dadurch werden unterschiedliche Sozialräume und ihre Wirkung auf die Ungleichheiten von Gesellschaften thematisiert.

Aktuelle Projekte

Das Forschungsprojekt „RichMap – Where the Rich Live“ untersucht die Entstehung und Entwicklung von Villenvierteln in Deutschland im langen 20. Jahrhundert. Im Fokus steht nicht nur, wie bestimmte Stadtteile zu „guten Adressen“ wurden, sondern auch, wie sie diesen Status über Jahrzehnte hinweg bewahren konnten, ihn verloren und – insbesondere im Osten Deutschlands – nach politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen teilweise wiedererlangten. Methodische Innovationen des Projekts sind unter anderem digitale Karten, sogenannte „Thick Maps“ sowie Citzen-Science-Maßnahmen, um die Perspektiven von Anwohner*innen und Stadtbewohner*innen einzubeziehen. mehr info

Das Projekt widmet sich dem gewaltfreien Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus Ostdeutschland 1994 - einem Ereignis, das symbolisch das Ende des Kalten Krieges markiert und eine Ausnahmeerscheinung in der Geschichte bewaffneter Konflikte darstellt. Im Fokus steht die gesellschaftliche Aufarbeitung und Umnutzung der hinterlassenen Militärflächen. Durch Interviews mit Zeitzeug*innen und Expert*innen sowie eine partizipative Online-Ausstellung werden politische, ökologische und erinnerungskulturelle Dimensionen dieses Wandels erforscht. mehr info

Die Neunziger Jahre stellen eine Zeit des Auf-, Um- und Zusammenbruchs dar, die in jeder ostdeutschen Biografie Spuren hinterlassen hat. Das partizipative Projekt nimmt die besondere reflexive Qualität von Literatur und die Lust zahlreicher Menschen am autobiografischen Schreiben zum Ausgangspunkt, um eine lebensweltliche Perspektive auf Transformationsgesellschaften zu erschließen. „Schreib Dich durch die Neunziger“ bringt Forschende, Schreibtrainer*innen und Zeitzeug*innen zusammen. mehr info

In Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erprobt das IRS einen neuen Zugang zur historischen Behördenforschung: Im Projekt „GeStat“ werden vergangenheitspolitische Vorstellungen und Konzepte ebenso wie methodische, personelle und organisatorische Entwicklungen im Statistischen Bundesamt seit den späten Achtzigerjahren untersucht und damit der Einschnitt des Volkszählungsboykotts als Ausgangspunkt genommen. mehr info

Das Forschungsprojekt untersucht die Folgen der Tätigkeiten der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft (TLG), einer Tochtergesellschaft der 1990 eingesetzten Treuhand-Anstalt, die für die Liquidierung und Veräußerung der zu DDR-Zeit zum „Volkseigentum“ zugehörigen Grundstücke und Immobilien zuständig war. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der Bautypen, die in der neuen vereinten Bundesrepublik keine Verwendung mehr fanden wie Großgaststätten, Polikliniken, CENTRM-Warenhäuser und Interhotels. Diese wurden im Verlauf der 1990er umgebaut, umgenutzt, abgerissen oder stehen bis heute leer – und prägen so das Bild der Städte in Ostdeutschland. mehr info

Im Rahmen des Leitprojekts „Sozialräumliche Transformationen in Berlin-Brandenburg 1980-2000“ des Forschungsschwerpunkts III führt Liselore Durousset ein Promotionsvorhaben zum Arbeitspaket Wirtschaft durch. In ihrer Dissertation untersucht sie, inwiefern der Systemwechsel sich auf die Planung und Praxis der wirtschaftsräumlichen Entwicklung auswirkte. Zu diesem Zweck wählte sie Ludwigsfelde als Fallbeispiel. mehr info