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Regionale Innovationspotenziale heben – aber wie?
Einblicke in Werkstattgespräche in zwei ländlichen Regionen
Auch periphäre, ländliche Regionen bringen innovative Problemlösungen hervor. Doch wie können Innovationsakteure in solchen Räumen besser unterstützt werden? Ein Forschungsteam des IRS untersucht Prozesse sozialer Innovation in den Landkreisen Ludwigslust-Parchim und Nordfriesland. Gemeinsam mit Praxisakteuren haben die Forschenden Perspektiven für eine bedarfsgerechte Förderung diskutiert.
Ländliche Räume werden bisher oft nur begrenzt mit Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft in Verbindung gebracht. Dass dies nicht in Stein gemeißelt ist, beweisen Regionen wie die Landkreise Nordfriesland und Ludwigslust-Parchim. In Nordfriesland ist im Bereich erneuerbarer Energien ein innovatives Ökosystem mit bundesweiter Strahlkraft entstanden. Bürgerenergieprojekte, Dörpsmobile und virtuelle Kraftwerke sind nur einige Beispiele, die überregionale Aufmerksamkeit erregen. Ludwigslust-Parchim punktet mit Gründerstammtischen, dem Zukunftszentrum DeveLUP und einer innovativen „Heiztapete“, die sogar die Bundespolitik aufhorchen ließ.
Unterstützungsstrukturen und Förderinstrumente können helfen, diese Innovationsfähigkeit zu verstetigen, verstärken und auf eine breitere Basis zu stellen. Doch wie lassen sich solche Strukturen und Instrumente bedarfsgerecht gestalten, und wie können durch sie neue Impulse gesetzt werden? Diese Fragen haben Wissenschaftler*innen des Forschungsprojekts „Stark durch offene Innovationsregionen“ (SOIR) gemeinsam mit Akteuren aus beiden Landkreisen diskutiert. Trotz ihrer Unterschiede – etwa in der Dynamik von Unternehmensgründungen oder der Wertschöpfung im Bereich erneuerbarer Energien – verbindet die Kreise ihre periphere Lage fernab urbaner Zentren. Die Bedingungen für innovative Akteure können also in gewisser Weise exemplarisch für ähnliche ländliche Regionen stehen.
Ein zentraler Befund der Werkstattgespräche betrifft die umfangreiche, aber oft unübersichtliche Förderlandschaft für innovative Unternehmen, Start-ups und Gründungen in beiden Kreisen. Unternehmerische Akteure stehen zwar im Fokus der Innovationsförderung auf Kreis-, Landes- und Bundesebene, doch gerade kleinere Unternehmen sehen sich häufig hohen Hürden bei der Beantragung von Fördermitteln gegenüber. Dies zeigt sich auch in einer im SOIR-Projekt durchgeführten Befragung von Gründer*innen, in der nur ein kleiner Teil der Befragten angibt, öffentliche Förderung genutzt zu haben. Zudem ist die Förderkulisse für Akteure jenseits klassischer Unternehmen – wie Vereine, Sozialunternehmen oder Kommunen – vergleichsweise dünn. Daran anschließend wurde auch die Frage nach der Passfähigkeit von Innovationsförderung im ländlichen Raum diskutiert. Ein Blick auf die räumliche Verteilung der Fördermittelvergabe unterstreicht diese Frage, sind es doch eher die Universitätsstädte, die besonders hohe Förderintensitäten aufweisen. Akteure aus Zivilgesellschaft, öffentlicher Verwaltung, aber auch Kleinstunternehmen als potenziell innovative Akteure anzuerkennen, stellt in diesem Zusammenhang eine spannende Perspektive dar.
Der Austausch zwischen den beiden Landkreisen bot zudem die Möglichkeit, die Rolle von Landkreisen in der Innovationsförderung genauer zu betrachten. Während die Landes- und die Bundesebene Förderprogramme entwickeln und umsetzen, bleibt die Rolle der Landkreise oft unklar und wird unterschiedlich interpretiert. In diesem Kontext präsentierten Marie Carnein-Blaschke und Heiko Böhringer den Fachdienst Metropolregion, Innovation und Projekte des Kreises Ludwigslust-Parchim. Besonderes Augenmerk lag auf dem Zukunftszentrum DeveLUP in Ludwigslust, das als Plattform zur Vernetzung von Gründer*innen und anderen innovativen Akteuren im Kreis und darüber hinaus dient. Auf Seiten Nordfrieslands gab Werner Schweizer, ehemaliger ehrenamtlicher Bürgermeister von Klixbüll, Einblicke in die Innovationskraft von Kommunen. Klixbüll hat durch Projekte wie das geteilte E-Auto-Konzept „Dörpsmobil“, den Dörpscampus und einen Bürgerwindpark überregionale Aufmerksamkeit erlangt. Diese Beispiele zeigen, wie öffentliche Körperschaften Innovationen nicht nur fördern, sondern selbst vorantreiben können – sei es als Vermittler und Moderator, durch die Schaffung von Infrastruktur oder durch eigene gemeinwohlorientierte Projekte.
Die Werkstattgespräche markierten einen wichtigen Schritt, um Forschungserkenntnisse mit Akteuren in beiden Kreisen zu teilen, die Ergebnisse gemeinsam zu interpretieren und den Austausch zwischen den beiden Landkreisen zu fördern. So wurde der Forschungsprozess ein Stück weit für die Öffentlichkeit geöffnet und neue Perspektiven auf die Innovationsförderung in ländlichen Räumen entwickelt.