Das sozial-räumliche Gedächtnis der europäischen Grenzen: Dispositive des Erinnerns und Vergessens
Forschungsschwerpunkt: Ökonomie und Zivilgesellschaft
Projektleitung im IRS: Dr. Vivien Sommer
Projektteam: Julia Heinle Veronika M. Warzycha Tabea Chaudhri
Förderorganisation: Deutsche Forschungsgemeinschaft
Laufzeit: 11/2023 - 10/2026
Disruptive Ereignisse haben einen tiefgreifenden Einfluss darauf, wie Gesellschaften und Räume sich verändern. Ob es um die Neuordnung von Grenzen nach dem Zweiten Weltkrieg, den Kalten Krieg oder die jüngsten Veränderungen aufgrund des Brexits geht, disruptive Ereignisse spielen eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung unserer Grenzen und Grenzregionen. Dies führt zu einer grundlegenden Frage: Wie erinnern wir uns an diese Grenzen, und welchen Einfluss hat diese Erinnerung auf das Konzept eines grenzenlosen Europas? Die Emmy Noether-Nachwuchsforschungsgruppe „The Social-Spatial Memory of European Borders: Dispositifs of Remembering and Forgetting“ erforscht, wie vergangene disruptive Ereignisse, wie Kriege, geopolitische Konflikte und politische Vereinigungen, den aktuellen Zustand der Grenzen beeinflusst haben.
Bislang fehlen theoretische Konzepte, die die Bedeutung des sozialen Gedächtnisses von Grenzen für den Alltag der Bewohner*innen erfassen können. Die Forschungsgruppe wird diese Lücke mit einer innovativen Studie zum sozialen Gedächtnis in Partnerstädten und Partnerdörfern in Europa schließen. Das Projekt untersucht drei Dimensionen des Gedächtnisses von Grenzen - Erinnerungsrahmen, Erinnerungspraktiken und Erinnerungsmaterialität - in Partnerstädten und Partnerdörfern an vier verschiedenen Grenzen von Nationen, die Teil des Schengen-Raums sind: die polnisch-deutsche Grenze, die schweizerisch-deutsche Grenze, die dänisch-deutsche Grenze und als Kontrast die irisch-nordirische Grenze.
Die Forschungsgruppe wird unter der Leitung von Vivien Sommer einen multiperspektivischen methodischen Ansatz verfolgen, der Experteninterviews mit Erinnerungsaktivisten, narrative Interviews mit Bewohner*innen, mentale Karten der Grenzen und Spaziergänge mit den Bewohner*innen kombiniert. Die Daten werden mit einer multimodalen Kodierungsmethode analysiert. Zusätzlich werden kartographische Karten in lokalen Archiven erstellt und interaktive digitale Karten produziert. Das Projekt zielt darauf ab, ein theoretisches Konzept des sozialräumlichen Gedächtnisses von Grenzen als Dispositive zu entwickeln, um die Komplexität des Erinnerns und Vergessens im gegenwärtigen Alltag an den Grenzen Europas zu verstehen.