07. April 2025 | Nachricht

Transformationserfahrungen und Querschnittsaufgaben

IRS erprobt mit Seed-Money-Projekten neue Dialogformate

 

Das IRS engagiert sich im Leibniz Lab „Umbrüche und Transformationen“. Im Rahmen mehrerer kurz laufender Projekte erproben Forschende des IRS neue Ansätze der Forschung über die Grenzen der Wissenschaft hinweg. In den Projekten geht es um die Transformationsgeschichte in Ostdeutschland und um aktuelle Herausforderungen bei Klimawandelanpassung und der Integration von Zugewanderten.

Seit dem Frühjahr 2024 läuft das Leibniz Lab „Umbrüche und Transformationen“. Es ist einer der drei Lab-Verbünde, die von der Leibniz-Gemeinschaft gefördert werden. Das Neue an diesen Labs ist ihr Ansatz, die Kompetenzen vieler Leibniz-Institute zu gesellschaftlich relevanten Fragen zu bündeln und auch gemeinsam mit Akteuren außerhalb der Wissenschaft neues Wissen zu generieren – man spricht hier von transdisziplinärer Forschung. Im Lab „Umbrüche und Transformationen“ arbeiten 28 Leibniz-Einrichtungen zusammen, koordiniert vom Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) in Leipzig und dem Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF). Es untersucht, wie Politik und Gesellschaft auf radikale Umbrüche, wie etwa das Ende des Kalten Krieges und die folgende Transformationszeit, reagierten und reagieren. Ein besonderes Format der Leibniz-Labs ist die sogenannte Seed-Money-Förderung. Sie erlaubt kurz laufende, unkompliziert zu beantragende Projekte, in denen Forschende neue Transfer- und Dialogformate erproben können. Am IRS laufen derzeit drei dieser Projekte

Eines dieser Projekte trägt den Titel „Schreib dich durch die Neunziger!“. Es nutzt den Umstand, dass viele Menschen Lust am autobiographischen Schreiben haben, um Transformationserfahrungen im Ostdeutschland der 1990er-Jahre für die Forschung zugänglich zu machen. Besonders die Stimmen, die sonst überhört werden, sollen so Aufmerksamkeit finden, denn die Umbrüche der Zeit haben sich tief in die Biographien aller Menschen in Ostdeutschland eingeschrieben. Dazu bringt das Projekt Interessierte und professionelle Schreibtrainer*innen zu Workshops für kreatives Schreiben zusammen. Die so entstehenden Texte werden ab Sommer 2025 in Lesungen und Pop-up-Ausstellungen präsentiert. Geleitet wird das Projekt im IRS von Historiker Harald Engler. Er arbeitet mit Forschenden des Leibniz-Instituts für Geschichte und Kultur des Östlichen Europa (GWZO) in Leipzig zusammen.

Auch Małgorzata Popiołek-Roßkamp, ebenfalls Historikerin am IRS, schaut in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) auf die ostdeutsche Transformationsgeschichte. Ihr Blick richtet sich auf das Erbe der Sowjetarmee in Brandenburg, konkret auf ihre Militärflächen, die in den 1990er-Jahren neuen Nutzungen zugeführt wurden. „Neues Land ohne Krieg“ ist das Projekt treffend überschrieben, denn 8 Prozent der Landesfläche Brandenburgs waren militärisch genutzt, und diese Fläche gewann das Land durch den Abzug der Sowjetarmee 1994 zurück. Das Projekt betrachtet nicht nur die folgenden Konversionsvorhaben, sondern ebenfalls die Transformationserfahrungen, welche die Gesellschaft in dieser Umbruchszeit machte. Was machte der Abzug mit den Gemeinden? Wer durfte mitentscheiden, was nun geschehen sollte? Wie wird an die sowjetischen Truppen in Brandenburg erinnert? Popiołek-Roßkamp führt Gespräche mit Zeitzeug*innen und interessiert sich dabei sowohl für ihr Wissen über die Geschehnisse, als auch ihre persönliche biographische Perspektive. In einer Onlineausstellung werden aufgezeichnete Gespräche nachzuhören sein.

Neben dem Blick in die spezifisch ostdeutsche Transformationsgeschichte beschäftigen sich Forschende am IRS auch mit aktuellen Transformationsanforderungen in unserer Gesellschaft. Madlen Pilz und Wolfgang Haupt vom Forschungsschwerpunkt „Politik und Planung“ arbeiten in ihrem Seed-Money-Projekt die Ergebnisse ihrer zwei bereits abgeschlossenen Forschungsprojekte in vergleichender Form noch einmal auf: ExTrass hat sich mit lokalen Klimapolitiken und StadtumMig mit kommunalen Integrationspolitiken beschäftigt. Pilz und Haupt fiel auf, dass die kommunale Verwaltung in beiden Feldern vor der Herausforderung steht, Aufgaben ressortübergreifend zu koordinieren. Solche Querschnittsaufgaben stellen Verwaltungen jedoch vor Probleme. Gemeinsam mit ihren ehemaligen Kooperationspartner*innen aus der Praxis gehen die Forschenden der Frage nach, worin die Herausforderungen bestehen, und wie sie sich angehen lassen. In drei Dialogveranstaltungen mit den Verwaltungsmitarbeitenden diskutieren sie gemeinsam die Ergebnisse des Vergleichs, die Erfahrungen und Reflexionen der Verwaltungsmitarbeitenden und erarbeiten neue Zugänge zur Umsetzung von Querschnittsaufgaben. Im Vordergrund steht dabei der Begriff der „transformativen Kapazitäten“, ein Konzept, das eine Orientierung zur Planung und Umsetzung von Veränderungen in den Verwaltungen bieten kann. Der transdisziplinäre Forschungsprozess wird in einer Dokumentation nachvollziehbar festgehalten. Ein Policy Paper, das sich direkt an Verwaltungsbeschäftigte und Kommunalpolitiker*innen richtet, wird praxisnahe Hinweise für die Umsetzung von Querschnittsaufgaben geben.

Leibniz Lab „Umbrüche und Transformationen“

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20. März 2024 | Nachricht

Leibniz-Labs sind ein neues Instrument der Forschungsorganisation. Sie zielen darauf ab, das umfangreiche Wissen der beteiligten Leibniz-Institute zusammen zu bringen, um gemeinsam Beiträge zur Lösung drängender gesellschaftliche Probleme zu leisten und diese für verschiedenste Zielgruppen zugänglich zu machen. Das IRS beteiligt sich an einem Lab, das den gesellschaftlichen Umgang mit plötzlichen, grundlegenden Umbrüchen untersucht. mehr Info