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Arenen des Konflikts: Planung und Partizipation in der pluralen Demokratie
Neues DFG-Projekt
Ob Proteste gegen Großprojekte, Windenergieanlagen oder Bebauungspläne in wachsenden Großstädten – die räumliche Planung ist heute verstärkt mit Konflikten konfrontiert. Die Planungsakteure stehen dabei vor einem Dilemma: Einerseits wird die Beschleunigung von Verfahren gefordert, um gemeinwohlorientierte Ziele wie Klimaschutz, Energiewende und Wohnungsbau zu erreichen. Andererseits steigen die Ansprüche an die Partizipation der Öffentlichkeit. Dabei geraten die bisherigen Formen der Bürgerbeteiligung an ihre Grenzen. Denn höhere Stufen der Beteiligung oder direktere Demokratieformen wie Bürger- bzw. Volksentscheide tragen oft nicht zur Befriedung von Konflikten bei, sondern können diese verschärfen.
Die gestiegene Relevanz von Konflikten wird in der internationalen Planungstheorie durch Ansätze der agonistischen Planung aufgegriffen. Eine Erkenntnis daraus ist: Antagonistische Kämpfe – also solche zwischen Feinden – müssen in agonale Auseinandersetzungen zwischen Gegnern verwandelt werden, damit Planungsverfahren gelingen können. Eine wichtige Voraussetzung für die Zähmung von Konflikten im Rahmen der pluralen Demokratie ist zudem die Akzeptanz von Regeln der Konfliktaustragung.
Dieser Problemstellung widmet sich das neue DFG geförderte Projekt „Arenen des Konflikts: Planung und Partizipation in der pluralen Demokratie“ (Laufzeit: 1/2023 bis 12/2025). Das Projekt ist in der Forschungsgruppe Stadtentwicklungspolitiken im Forschungsschwerpunkt Politik und Planung des IRS angesiedelt. Es ergänzt das laufende Leitprojekt „Konflikte in der Planung: Großprojekte und ihr Potenzial zum institutionellen Wandel“ und wird von Manfred Kühn geleitet. Zur Analyse der Austragungsformen und Regelung von Konflikten rückt das Forschungsvorhaben die Beteiligungsformen in Planungs- und Genehmigungsverfahren in den Mittelpunkt und verwendet den Ansatz der „Konfliktarena“. Darunter werden Orte der öffentlichen Konfliktaustragung verstanden, in denen Akteure mit widerstreitenden Interessen in Partizipationsverfahren im Vorfeld von amtlichen Entscheidungen aufeinandertreffen. Durch dieses Aufeinandertreffen entsteht zwischen Befürwortern und Gegnern ein Raum des Streits innerhalb von Planungs- und Genehmigungsverfahren, der die Entscheidung über Konflikte im besten Fall demokratisch legitimiert.
Zur empirischen Analyse von Planungskonflikten wird der Ansatz der Konfliktfeldanalyse verwendet. In sechs empirischen Fallstudien in Deutschland werden Konflikte in den Feldern der Stadtentwicklungsplanung (Berlin und Hamburg), der Bauleitplanung (Freiburg und Potsdam) und der Genehmigung von Projekten untersucht. Die Forschenden arbeiten mit qualitativen Methoden der Sozialforschung: Dokumentenanalysen, Medien- und Presseanalysen sowie Interviews mit Akteur*innen aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Zwei Expert*innenworkshops dienen dem Vergleich der empirische Fallstudien und der Diskussion der Verallgemeinbarkeit der Ergebnisse. Die (Zwischen-)Ergebnisse werden auf nationalen und internationalen Fachkonferenzen präsentiert und in Artikeln von nationalen und internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht.