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Visuelle Kommunikation in der Stadtplanung: Konferenz und Projektabschluss
Digitale Visualisierungen sind aus der Stadtplanung nicht mehr wegzudenken. Bauprojekte werden teils schon Jahre vor dem ersten Spatenstich mit immer realistischer erscheinenden 3D-Simulationen angekündigt. Doch was ist wirklich neu daran, wie heute, mit Hilfe digitaler Technologien, Zukunftsbilder von Städten erschaffen werden? Funktioniert Planung deshalb grundsätzlich anders? Am IRS hat sich das Projekt Medplan dieser Frage angenommen. Bis Mitte 2020 wird es auslaufen. Auf der Abschlusskonferenz im Herbst 2019 wurden erste Ergebnisse zusammengetragen.
Seit den 90er Jahren haben sich die Praktiken der städtischen Planung massiv verändert. Die Entwicklung digitaler Informationstechnologien hat zu einer Modifikation des Planungshandelns und der Planungskommunikation beigetragen, die sich auch auf die öffentliche Sphäre auswirkt. Denn obwohl partizipative Planung und Gestaltung von Stadträumen zweifelsohne an Bedeutung gewinnen, werden die digitalen Beteiligungs- und Kommunikationsformate dadurch nicht weniger kontrovers diskutiert. Insbesondere digital produzierte Visualisierungen scheinen in diesen Prozessen und nicht zuletzt auch für die Vorstellungen urbaner Zukunftsvisionen eine entscheidende Rolle zu spielen. Oft als Instrumente zur Förderung von Partizipation angesehen, sollen sie im besten Falle dazu beitragen, Öffentlichkeit und Transparenz herzustellen. Über die bisherige und gegenwärtige Nutzung und die Auswirkungen spezifischer Modi der analogen und digitalisierten Visualisierung auf die tatsächlichen städtebaulichen Planungs- und Entwicklungsprozesse ist jedoch wenig bekannt.
Die Abschlusskonferenz des institutionenübergreifenden (SFB 1265, TU Berlin) Medplan-Projektes zu „Visual Communication in Urban Design and Planning“, die vom 26. bis 27. September 2019 an der Technischen Universität Berlin und dem IRS in Erkner stattfand, hat es zum Anlass genommen, diese Themen diskursiv auf den Prüfstand zu stellen. Hierzu wurden national und international renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingeladen, die mit ausgewiesener Expertise auf dem Gebiet visueller Kommunikation in der Stadtplanung wichtige Beiträge zu einem noch jungen Forschungsfeld leisteten. Im Verlauf von drei Sessions wurden Beiträge diskutiert, die sich thematisch mit Fragen zu „Visual Communication and Planning Cultures“, „Visual Communication and the Public Sphere“ sowie zu „Visual Communication and (digital) Participation“ auseinandersetzen. Die Vorträge gewährten dabei Einblicke in historische Entwicklungen anhand von Visualisierungen von Planungsprozessen in Amsterdam, Kairo, Berlin oder dem Saarland. Ebenso wurden postkoloniale Perspektiven auf Planungsprozesse in Lagos oder Kairo entwickelt, die anschaulich aber kritisch den Umgang mit der visuellen Darstellung von staatlich überformten Utopien und Vorstellungen städtischer Zukünfte darlegten. Und letztlich zeigten die Vorträge zur digitalen Beteiligung in Berlin, aber auch in Nordengland, Schweden oder den USA, dass sich die öffentliche Sphäre nicht nur verändert, sondern dass durch digitale Formen der visuellen Kommunikationen auch die Vermittlung und der Austausch von Wissen sowie die Herstellung von Vertrauen zentrale Herausforderungen für die Gegenwart und die Zukunft sind. Mit Laura Kurgan (Columbia University New York) und Gillian Rose (Universität Oxford) konnten schließlich zwei angesehene Wissenschaftlerinnen gewonnen werden, die im Rahmen einer Public Lecture im BHR-OX bauhaus reuse und einer Morning Lecture am IRS aktuelle Aspekte urbaner Visualisierungen im Fahrwasser von Big Data, Smart City und Algorithmisierung kritisch diskutierten.
Den Abschluss bildete ein Roundtable mit einer offenen Diskussionsrunde, die sich mit der Frage befasste, inwieweit Digitalisierungs- und Mediatisierungsprozesse wirklich zu einer Veränderung der Planung geführt haben – was alle Beteiligten mehrfach betonten. Dies gilt beispielsweise für die Designpraktiken von Planern und Architekten, die es aber genauer zu reflektieren gilt. Dies gilt auch für die planerische Phantasie und inwieweit technikinduzierte, visuelle Darstellungen neue Möglichkeitsräume für die Planung eröffnen. Zu berücksichtigen ist aber immer, in welchem politischen Kontext Planung als solche stattfindet und wie sich unter diesen Bedingungen neue Formen der Öffentlichkeit herausbilden und wie diese zu verstehen sind. Die Konferenz lieferte damit einerseits fruchtbare Einblicke auf ein breites Spektrum an interkulturellen und interdisziplinären Zuschnitten zu Stadtplanungs- und Beteiligungsprozessen sowie deren visueller Kommunikation und zeigte andererseits theoretische Perspektiven und empirische Anschlüsse für weitere Forschung auf.