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Prof.in Dr. Ariane Sept
„Die Karriereoptionen waren vielleicht nie so vielfältig wie heute.“
Dr. Ariane Sept ist seit Oktober 2022 Professorin für Partizipative Kommunalentwicklung und Gemeinwesenarbeit an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule München. Am IRS war sie von 2018-2022 wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe „Soziale Innovationen in ländlichen Räumen“ (bis 2021 Abteilung „Kommunikations- und Wissensdynamiken im Raum“).
Guten Tag Frau Sept. Sie sind inzwischen Professorin an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München. Was sind dort Ihre Aufgaben?
Ja. Seit Oktober 2022 bin ich Professorin für Partizipative Kommunalentwicklung und Gemeinwesenarbeit an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der HM. Mit einem Deputat von 18 Semesterwochenstunden ist meine Hauptaufgabe die Lehre in unterschiedlichen Studiengängen. Überwiegend zu raumbezogenen Themen und oft in Kooperation mit lokalen Akteuren. Das mag nach viel Lehre klingen, ist aber eine ganz wunderbare Aufgabe. Auch die Betreuung von Abschlussarbeiten ist spannend und lässt mich viele Themen kennenlernen. Zudem bin ich Co-Leitung des Masterstudiengangs Gesellschaftlicher Wandel als Gestaltungsaufgabe. Ich versuche auch weiterhin zu forschen und zu publizieren, wofür aber in meinen ersten Semestern wenig Zeit blieb. Dazu kommen wie immer und überall unregelmäßige Aufgaben.
Welche Erfahrungen aus Ihrer IRS-Zeit spielen für Sie heute noch eine Rolle?
Hochschulen für angewandte Wissenschaften werden zunehmend forschungsorientierter, so gibt es in Bayern seit kurzem ein Promotionsrecht für HAWs. Damit wird auch die Beantragung von Drittmitteln relevanter, worin ich am IRS viel Erfahrung sammeln und Unterstützung erfahren durfte, wovon ich heute stark profitiere.
Was gibt es nur am IRS? Könnten Sie im Nachhinein Ideen und Themen beschreiben, die aus Ihrer Sicht für das IRS ganz typisch sind?
Im Nachhinein stelle ich fest, dass die Themen soziale Innovationen, ländliche Räume und Digitalisierung in ihrer Kombination zumindest im deutschsprachigen Raum ziemlich einmalig sind und als solches mit dem IRS verknüpft werden. Ich persönlich hege auch eine große Bewunderung für das Archiv und die zeithistorischen Arbeiten, die das IRS für mich besonders machen.
Gibt es aus Ihrer Sicht bestimmte Ideenpfade im IRS, die Sie für Ihre eigene Entwicklung erkennen können und die Sie genutzt haben oder nutzen?
Das sind insbesondere Konzepte sozialer Innovationen. Ich lehre hier zum Beispiel im Studiengang Management Sozialer Innovationen, wo vor allem ein normatives Verständnis sozialer Innovationen verfolgt wird. Mir ist es wichtig, soziale Innovationen ebenfalls als konzeptuellen und räumlichen Ansatz zu verstehen. Dieses breite analytische Verständnis verdanke ich auch vielen Diskussionen am IRS und versuche, dies in meiner Lehre einzubringen. Neben den schon erwähnten sozialen Innovationen war vor allem die Auseinandersetzung mit ländlicher Entwicklung wichtig. Trotz einer insgesamt größeren Aufmerksamkeit für ländliche Räume merke ich doch immer wieder, dass viele Debatten überwiegend städtisch geprägt sind. Ab diesem Sommer unterstütze ich im Übrigen einen Brandenburger Kollegen als Sprecherin des Arbeitskreises „Ländliche Räume im Wandel“ in der SRL, der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung. Ich werde auch immer wieder für Vorträge oder Gutachten im Themenfeld angefragt.
Welche akademischen Fachgebiete haben aus Ihrer Sicht in letzter Zeit vom IRS-Ansatz der raumbezogenen Sozialforschung profitieren können? Und wo sehen Sie Ausbaupotenziale?
Mein Eindruck ist, dass die Stadt- und Raumsoziologie innerhalb der Soziologie in den letzten Jahren wieder an Bedeutung gewinnt. Auch das Feld der ländlichen Soziologie erfährt zunehmende Aufmerksamkeit. In der Stadt- und Regionalplanung sehe ich ebenfalls eine größere Bedeutung der raumbezogenen Sozialforschung. Hier ist meiner Meinung aber Vorsicht angebracht, damit die Wissenschaft sich nicht zu sehr von der praktischen Raumentwicklung entkoppelt. Deutschsprachige Publikationen, die sich an ein Fachpublikum außerhalb des akademischen Feldes richten, halte ich für besonders wichtig.
Stichwort Politik- und Gesellschaftsberatung. Wie hat Sie Ihre Zeit am IRS in Bezug auf Ihr Transferverständnis geprägt?
Die stärksten Erfahrungen waren das Format Leibniz im Bundestag, wo ich mehrere Bundestagsabgeordnete treffen durfte, und zwei Live-Interviews im RBB-Fernsehen. Wirklich geprägt haben mich aber vor allem kleinere Formate im Land Brandenburg, bei denen man gemerkt hat, dass Wissenschaft Regionalentwicklung mitbeeinflussen kann. Dieses Verständnis versuche ich z.B. in Lehrforschungsprojekten umzusetzen, um in die räumliche Entwicklung hineinzuwirken und Studierenden zu zeigen, dass es sich lohnt, mit Akteuren an einem Tisch zu sitzen.
Welche Karriereoptionen sehen Sie für den heutigen IRS-Nachwuchs?
Die Karriereoptionen waren vielleicht nie so vielfältig wie heute. Wer perspektivisch an einer HAW-Professur interessiert ist, sollte neben Erfahrungen in der Praxis auch Lehrerfahrungen sammeln und ernsthaft prüfen, ob man daran Freude hat.
Haben Sie noch Kontakte ins IRS?
Nach meinem Ausscheiden aus dem IRS stehe ich in engem Kontakt mit einigen Kolleg*innen. Mit Ralph Richter und Gabriela Christmann gebe ich gerade ein Special Issue heraus. Auch konnte ich mir ein größeres Netzwerk in Forschung und Praxis aufbauen. Dieses In-Kontakt-Bleiben finde ich großartig und möchte die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken!
Wir haben zu danken, liebe Frau Sept!
Das Interview führte Gerhard Mahnken.