Dr.-Ing. Jörn Krupa

Dr.-Ing. Jörn Krupa ist Leiter des Technologietransfers des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) in Potsdam. Von 2003 bis 2009 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter in der damaligen Forschungsabteilung „Regionalisierung und Wirtschaftsräume“ (heute „Dynamiken von Wirtschaftsräumen“) des IRS. In dieser Zeit promovierte er an der Technischen Universität Berlin in Stadt- und Regionalplanung zum regionalen Wissenstransfer zwischen Fachhochschulen und Unternehmen.

Herr Krupa, was bedeutet Technologietransfer am GeoForschungsZentrum und welche Herausforderungen sind damit verbunden?

Am GFZ haben wir entsprechend der Helmholtz-Mission das Selbstverständnis, nicht nur exzellente Wissenschaft zu betreiben, sondern auch, diese in die Nutzung zu überführen. Wir setzen verschiedene Transferkanäle wie Patente und Lizenzen, Ausgründungen oder Kooperationsprojekte ein, um Wissen und Technologien in die Anwendung zu bringen. Technologietransfer ist aber keine Einbahnstraße, sondern als ein wechselseitiger Austauschprozess anzusehen. Wir beziehen also die Impulse aus der Wirtschaft in die Forschung aktiv ein. Das Technologietransferteam unterstützt diesen Austausch und ebnet den Weg zum Kunden – was oft die schwierigste Etappe im Transferprozess ist. Dies hat mit Ressourcen wie Geld und Zeit, aber auch Informationsdefiziten zu tun. Wichtig sind generell Anreize, die das Engagement für den Transfer lohnend erscheinen lassen und anerkennen. Dabei kann auch aus den eher grundlagenorientierten Sektionen am GFZ etwas spannendes Neues auf den Markt kommen. Hier muss man das Anwendungspotential vielleicht etwas länger suchen und mal etwas querdenken. Und manchmal muss man auch von den eigenen Ansprüchen runter: In der Forschung will man oft auf die dritte Nachkommastelle genau messen, während für die Entwicklung eines besseren und günstigen Sensors für den Markt die erste Stelle nach dem Komma locker reicht.

Wie hat sich das Arbeitsfeld Wissens- und Technologietransfer in wissenschaftlichen Einrichtungen verändert?

In den letzten zehn Jahren hat sicher eine gewisse Professionalisierung im Wissens- und Technologietransfer in Deutschland stattgefunden. Themen wie Validierungsförderung, strategisches Innovationsmanagement, Gründungsförderung, Entrepreneurship Education, Acceleratoren oder Beteili­gungsmanagement sind in den letzten Jahren diskutiert und teilweise etabliert worden. Hinzu kommen Ansätze im Kontext von Open Innovation wie Innovationslabore – ja auch durchaus am IRS ein Forschungsthema – oder Experimentierräume, die auch in der neuen Hightech-Strategie 2025 der Bundesregierung zu finden sind. Auch die neue Agentur für Sprunginnovationen und andere Ideen, disruptive Innovationen zu ermöglichen, sind ein Thema. Operativ erfährt die Verwertung von Software einen großen Bedeutungszuwachs. Einige Diskussionen haben sich in den Jahren seit ich mich in meiner Dissertation mit der Thematik beschäftigt habe, nicht verändert: Es wird stets postuliert, dass der Transfer immer wichtiger wird und zugleich beklagt, dass die Rahmenbedingungen wie Anreize (von Reputation über Begutachtungskriterien bis zu materiellen Incentives) verbessert werden müssen. Gerade die Frage von „Impact“, aber auch dessen Messung hat an Bedeutung gewonnen.

Was war Ihre wichtigste Lern­erfahrung am IRS? Was haben Sie aus Ihrer heutigen Sicht als wichtigste Qualifikation für Ihre aktuelle Tätigkeit mitgebracht?

Als die wichtigsten Lernerfahrungen, die auch immer noch von großer Bedeutung in meinem Berufsleben sind, würde ich zum einen das Methodenwissen, beispielsweise im Projektmanagement oder über die Gestaltung von Prozessen mit mehreren Akteuren und Interessenten, und zum anderen meine inhaltliche Beschäftigung mit den Themen Wissens- und Technologietransfer und regionale Innovationssysteme herausgreifen. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesen Themen auch im Rahmen meiner Dissertation war sicher hilfreich bei meinen bisherigen beruflichen Stationen, ist aber mittlerweile durch sehr viel Know-How aus der Praxis ergänzt worden. Die methodischen Qualifikationen, die man an wissenschaftlichen Institutionen und teilweise im Studium lernt, sind jedoch weiterhin mein tägliches Handwerkszeug: Sei es die Akquise und Strukturierung von Drittmittelprojekten, das Netzwerken mit Praxispartnern, die passende Gestaltung von Präsentationen oder Aushandlungsprozesse bei Lizenzdeals – der Grundstein wurde in meinen Jahren am IRS und an der TU Berlin gelegt.

Wie hat sich Ihrer Meinung nach der Arbeitsmarkt auf dem Gebiet der raumbezogenen Sozialforschung verändert, sei es in der Wissenschaft oder der Praxis?

Meiner Einschätzung nach gibt es nun mehr Möglichkeiten als vor neun Jahren, als ich das IRS verließ. Insbesondere, wenn man in der Region Berlin-Brandenburg bleiben möchte. Das hängt damit zusammen, dass gerade in Berlin weitere Jobs bei Verbänden, in der Verwaltung oder im Forschungsmanagement entstanden sind. Auch die Aussichten in der Wissenschaft sind meines Erachtens etwas besser. Nicht zuletzt, weil Leibniz, Helmholtz & Co., dank des Aufwuchses ihrer Grundfinanzierung, und auch die Unis in der letzten Dekade viele Stellen geschaffen haben, wenn auch weiterhin oft befristet bzw. drittmittelfinanziert. Mit Blick auf die ehemaligen Mitstreiterinnen und Mitstreiter würde ich einschätzen, dass die Mehrzahl eher nicht in der reinen Wissenschaft gelandet ist, sondern bei Verbänden und Vereinen, bei Projektträgern, in Ministerien und bei der Senatsverwaltung, im wissenschaftsnahen Management, in der Wohnungswirtschaft oder in Planungsbüros neue Tätigkeitsfelder gefunden hat.

Welche Karrierestrategie raten Sie dem heutigen IRS-Nachwuchs?

Generell sollte man seinen Interessen folgen. Wenn diese in der exzellenten Grundlagenforschung liegen, würde ich empfehlen, dieses Ziel auch motiviert zu verfolgen. Allen anderen würde ich raten, offen zu sein für alternative Karrierepfade, da eben nicht jede Nachwuchswissenschaftlerin und jeder Nachwuchswissenschaftler eine Professur bekommen kann. Aus meiner Erfahrung ist es sicherlich hilfreich, ein Promotionsthema zu wählen, das einerseits zu den aktuellen Drittmittel- bzw. Forschungsprojekten passt und andererseits eine gewisse Praxisrelevanz hat, damit die Jobchancen außerhalb der Wissenschaft steigen. Meinen ersten Job nach dem IRS  – als Referent für Transfer in der Helmholtz-Geschäftsstelle – habe ich z.B. nur aufgrund meines Dissertationsthemas erhalten. Ansonsten sind die schon angesprochenen methodischen Qualifikationen wie Projekt- und Prozessmanagement sicher Soft Skills, die man in vielen Berufen unserer wissensbasierten Gesellschaft benötigt. Daher kann man mit der Berufs- und Lebenserfahrung als IRS-Alumni durchaus selbstbewusst neue Herausforderungen angehen.

Das Interview führte Gerhard Mahnken.