Architekturprojekte der DDR im Ausland. Bauten, Akteure und kulturelle Transferprozesse
Forschungsschwerpunkt: Zeitgeschichte und Archiv
Forschungsthemen: Geteiltes Wissen - lokal und über Distanz Neue soziale Praktiken
Projektleitung im IRS: Prof. Dr. Christoph Bernhardt Dr. Andreas Butter
Projektteam: Dr. Monika Motylińska
Förderorganisation: Gerda Henkel Stiftung
Laufzeit: 10/2016 - 09/2018
Im Vergleich zu den Ostblockstaaten wird die DDR-Architektur heute oft als abgekoppelt von internationalen Diskursen oder einseitig sowjetisch geprägt beschrieben und gegenüber der westlichen Architektur tendenziell abgewertet. Tatsächlich gerieten kreative Freiräume der DDR-Architekten mit der strikten Einbettung in das System zentralstaatlicher Lenkung und den sich verschärfenden Wirtschaftsproblemen zunehmend unter Druck. Bauprojekte im Ausland boten hier zuweilen Spielräume – ein spannendes Kapitel der DDR-Baugeschichte, das bislang fast völlig im Abseits der Aufmerksamkeit der Forschung lag. Vor diesem Hintergrund thematisiert das Forschungsprojekt die Frage, welche Präsenz die DDR-Architektur im Ausland hatte. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysieren Prozesse, innerhalb derer sich die Architekten und Planer aus einem Land, dessen Baukultur in zunehmendem Maße von Prinzipien der industriellen Vorfertigung geprägt war, in die regionalen Kontexte, Strukturen und Bauweisen anderer Länder einbrachten. Damit verknüpft ist die Frage, welche Handlungsspielräume für kreative Transferprozesse sie überhaupt nutzen konnten. Bis zum Ende des globalen Systemkonflikts im Jahr 1990 spielten die jeweils reklamierten architektonischen Errungenschaften eine zentrale Rolle bei der Selbstdarstellung beider Systeme. So wurden Botschaftsgebäuden und der Teilnahme an internationalen Bauausstellungen auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs eine Schaufensterfunktion für die Leistungsfähigkeit des Systems beziehungsweise des Landes beigemessen. Das Projekt knüpft an neue Stränge der Forschung zu diesem Thema an, welche die bislang vorherrschende Wahrnehmung einer globalen Konkurrenz um die Dimensionen der innersozialistischen Beziehungen und vielfältiger Kooperationen mit dem Westen erweitern. Anhand vieler Beispiele untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Varianten des sozialistischen Architekturexports und die Wechselwirkungen mit Entwicklungen in Westdeutschland. Neben der Erfassung von ausgeführten Objekten stehen die Gestaltungsparadigmen der Bauten, die Anpassungsleistungen und Konflikte im Verhältnis zu den Partnerländern sowie die Rückwirkungen der Auslandsvorhaben auf DDR-Akteure und –debatten im Fokus.