10. Januar | 2023

Big Plans, but Devastated Lands: Landscape Planning and Recultivation in Lignite Pit Mining Regions South of Leipzig before 1989

IRS Seminar with Andrew Demshuk | American University | Washington, D.C.

This talk will be in English: Die ökologisch devastierte Mondlandschaft im Südraum von Leipzig stellte eine enorme Herausforderung dar, als die Braunkohlenindustrie nach der Wende fast zum Stillstand kam. Im Vergleich mit der damaligen düsteren Situation erscheint die schöne Neuseenlandschaft von heute wie ein Wunder. Landschaftsplaner und Wissenschaftler dachten allerdings bereits während des Tagebaus in der Zwischenkriegszeit über eine Erholungslandschaft mit produktiven Äckern und Wäldern nach. Mein Vortrag skizziert die Entwicklung von Landschaftsplanung und Rekultivierungsmaßnahmen im Leipziger Südraum in der Zeit vor den großen Fortschritten zur Neuentwicklung dieser Landschaften nach der deutschen Wiedervereinigung. Ab 1956 wollten die Bezirks- und Kreisleitungen die von den Braunkohlebetrieben (widerrechtlich) zurückgelassene vergiftete Wüstenlandschaft mit einer sinnvollen Mutterbodenwirtschaft und sogar Erholungsgebieten umgestalten. Aber weil der Staat von den Braunkohlekombinaten stetige Produktivitätssteigerungen in den Bereichen Kohle und carbochemische Produkte forderte, schafften es die Pläne nicht übers Reißbrett hinaus – trotz vieler Proteste der Landwirtschaft. Nur mit bürgerschaftlichem Engagement konnten die schlimmsten Katastrophen wie die Halde Trages verbessert werden. Der Kulkwitzer See sollte ein Vorzeigeprojekt sein, aber alle Nachfolgeprojekte wie der s. g. Harthsee wurden entweder gestrichen oder in die ferne Zukunft verschoben. In den 1980er Jahren zerstörten die fortschreitenden Tagebaue sogar bestehende Erholungsgebiete wie das Freibad Lauer. Die klaffende Lücke zwischen den großen Plänen der geologischen Experten (neben Forderungen der Bezirks- und Kreisbehörden) und der Realität einer verwüsteten ehemaligen Kulturlandschaft mit Giften im Boden, in der Luft und im Wasser trug allmählich zur Unruhe vor der Friedlichen Revolution bei, die in Leipzig ausbrach.

Vita
Andrew Demshuk (American University, Washington, D.C.) erforscht die transnationale mitteleuropäische Geschichte seit 1945 mit Schwerpunkt auf Themen wie Zwangsmigration und nostalgische Erinnerungskultur der deutschen Vertriebenen und Umsiedler aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten; Eigensinn und Zweite Wirtschaft im Fall des Stadtverfalls in Leipzig vor der Wende; Politik von Architektur und Städtebau in der DDR, BRD und Volksrepublik Polen; und politische, ökologische und menschliche Auswirkungen der Braunkohleindustrie vor und nach 1989. Neben vielen Artikeln hat Demshuk vier Bücher geschrieben: The Lost German East: Forced Migration and the Politics of Memory (Cambridge, 2012); Demolition on Karl Marx Square: Cultural Barbarism and the People's State in 1968 (Oxford, 2017); Bowling for Communism: Urban Ingenuity at the End of East Germany (Cornell, 2020); und Three Cities after Hitler: Redemptive Reconstruction across Cold War Borders (Pittsburgh, 2021). Zurzeit nimmt er die Forschung für ein neues Projekt auf: “The Suffocating City: Crafting Ecology in Leipzig's Coal Fields under Nazis, Communists, and Capitalists”.

Angaben zur Veranstaltung

10. Januar 2023
13:00 – 14:30 Uhr
im Pavillon

Weitere Informationen

Forschungsschwerpunkte