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Warum es nach 1990 keine neue deutsche Verfassung gab
Sammelband erschienen
Im Mai 2024 wird das Grundgesetz 75 Jahre alt. Doch warum wurde nach der deutschen Vereinigung 1990 keine neue gesamtdeutsche Verfassung ausgearbeitet, wie es ursprünglich geplant war? Ein neuer Band geht dieser Frage aus rechts- und geschichtswissenschaftlicher Perspektive nach.
Der Band „Die Wiederbelebung eines »Nicht-Ereignisses«?“ aus dem Arbeitskreis für Rechtswissenschaft und Zeitgeschichte an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, herausgegeben von der IRS-Forschungsschwerpunktleiterin Kerstin Brückweh, untersucht Auseinandersetzungen um eine mögliche Ablösung des Grundgesetzes durch eine neue Verfassung in den frühen 1990er-Jahren. Er versammelt zwölf Beiträge von namhaften Fachleuten aus Rechts-, Geschichts- und Politikwissenschaft. Sie gehen aus ost- und westdeutscher sowie generationen- und disziplinenübergreifender Perspektive der Frage nach, wieso in einem so zentralen Moment der deutschen Geschichte kein Neuanfang für eine deutsche Verfassung möglich war. Die Beiträge beleuchten vor allem die Verfassungsdebatten, die zwischen 1989 und 1994 geführt wurden.
Die Autorinnen und Autoren des Bandes zeigen: Während die einen in diesem historischen Moment die Chance sahen, schon lange diskutierte Themen wie den Umweltschutz, angepasste Familienmodelle oder Kinderrechte in die Verfassung einzubringen, sahen andere keinen Anlass, das schon lange funktionierende Grundgesetz – zumal in Zusammenspiel mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes – zu ändern. Zwischen hohem Engagement für neue Verfassungsentwürfe, utopischen Ideen und Bürgerwünschen wurde die Frage letztlich im routinierten Betrieb von Politik und Verwaltung unter den Tisch fallen gelassen.
Das Buch erscheint im April 2024 bei Mohr Siebeck.