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Wieder in Präsenz
Ein Rückblick auf die IRS Spring Academy 2022 „Spaces of Infection“
Zum ersten Mal seit Beginn der COVID19-Pandemie fand Ende Mai 2022 die IRS Spring Academy wieder in Präsenz in Erkner und Berlin statt. Die Veranstaltungsreihe richtet sich an internationale Nachwuchswissenschaftler*innen im disziplinübergreifenden Feld der raumbezogenen Forschung. Sie bekommen die Gelegenheit gemeinsam intensiv an einem Thema zu arbeiten, sich interdisziplinär auszutauschen und sich zu vernetzen. Mit ihrem besonderen Mix an Formaten adressiert die Spring Academy die Bedarfe von Forschenden in der Frühphase ihrer Karriere. Das Thema der Spring Academy 2022 lautete „Spaces of Infection“. Als lokaler Partner trat das Robert Koch-Institut auf.
Seit 2017 richtet das IRS jedes Jahr – mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020 – eine Spring Academy „Investigating Space(s): Current Theoretical and Methodological Approaches“ aus. Wie der Titel schon sagt, dreht sich die Veranstaltungsreihe um neue konzeptionelle, methodologische und inhaltliche Zugänge zur raumbezogenen Forschung in den Geistes- und Sozialwissenschaften sowie anderen Forschungsdisziplinen. Die Spring Academy richtet sich an internationale Promovierende und Postdocs. Wie eine Sommerschule – nur im Frühjahr – bringt sie die typischerweise 20 bis 30 Teilnehmenden in Erkner und Berlin zusammen, um ihnen eine intensive thematische Auseinandersetzung und produktives Networking zu ermöglichen; dies alles in einer entspannten Atmosphäre und mit einem ansprechenden Begleitprogramm, mit gemeinsamer Abendgestaltung, Spaziergängen und thematisch relevanten Ortsbesuchen. Die Spring Academy bietet außerdem direkten Kontakt mit exzellenten internationalen Wissenschaftler*innen, von welchen die Teilnehmenden Rat und Unterstützung bekommen.
Die räumlichen Dynamiken von Infektionskrankeiten
Jede Spring Academy steht unter einer spezifischen Themenstellung, zu welcher ein passender lokaler Kooperationspartner an Bord geholt wird. 2021 wurde eine Academy zum Thema „Spaces of Crisis” ausschließlich online abgehalten, lokaler Partner war das Rote Kreuz. Die Spring Academy 2022, die vom 31. Mai bis zum 3. Juni erstmals wieder in Präsenz stattfand, trug den Titel „Spaces of Infection”. Sie stand stark unter dem Eindruck der COVID19-Pandemie und brachte Perspektiven der Gesundheitsgeographie, der Infektionsforschung und der Medizingeschichte zusammen. Als lokaler Partner fungierte dieses Jahr das Robert Koch-Institut in Berlin, die Leitforschungseinrichtung des Bundes für die öffentliche Gesundheitspflege (Public Health). Einen von vier Tagen verbrachten die insgesamt 29 Teilnehmenden und Beteiligten komplett am RKI, wo sie sich mit dessen Geschichte und Mission vertraut machten und von mehreren Fachleuten umfangreiche Einblicke in dessen Forschung zu Infektionskrankheiten bekamen – natürlich auch zu COVID19. Dabei zeigte sich, dass in der Forschung zu Infektionen und Epidemien intensiv mit Raumtypologien gearbeitet wird, und die Forschenden aktiv über mögliche neue Konzeptionen des Raums reflektieren. Bezüge zur Unterscheidung zwischen topologischer, territorialer und Netzwerk-basierter Räumlichkeit, wie sie etwa in der humangeographischen Forschung vorgenommen wird, wurden sichtbar.
Das Programm der übrigen drei Tage fand am IRS statt und schloss u. a. zwei Keynote Lectures ein. Karen Clay, Professorin für Economics and Public Policy am Heinz College of Information Systems and Public Policy der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, referierte über die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Auswirkungen der „Spanischen Grippe“ von 1918 und 1919. Sie ordnete diese Pandemie in die historische Entwicklung bis hin zu COVID19 ein und stellte Bezüge her. Michael Emch, William R. Kenan Jr. Distinguished Professor für Geographie und Epidemiologie an der University of North Carolina in Chapel Hill, diskutierte die Zusammenhänge zwischen landwirtschaftlicher Praxis, speziell Schweinehaltung, und der Entstehung von Influenza-Virus-Pandemien. In einem weiteren Gastvortrag berichteten Franziska Kellerhaus und Natascha Bing vom Deutschen Roten Kreuz über die Strategien und Praktiken des Roten Kreuzes (bzw. des Roten Halbmonds) im Umgang mit Epidemien. Sie hoben die Bedeutung dauerhafter Präsenz an betroffenen Orten hervor, denn „Epidemien beginnen und enden in lokalen Gemeinschaften“.
Wertvolle Unterstützung für Nachwuchsforschende
Ein Markenzeichen der Spring Academy ist ihr Fokus auf die Forschungspraxis. So konnten sich die Teilnehmer*innen in drei Doing Research Workshops intensiv mit den praktischen Herausforderungen verschiedener methodischer Herangehensweisen auseinander setzen. In Paper Pitches erhielten sie vom gesamten Plenum fokussiertes Feedback auf ihre eigenen Forschungs- und Publikationsvorhaben. In einem Panel „Meet the Editors and Reviewers“ erhielten sie tiefe Einblicke in die editorialen Abläufe in Fachzeitschriften, um so künftig gezielter und erfolgreicher zu publizieren. Schließlich bekamen alle Teilnehmenden die Gelegenheit individuelle Konsultationen mit den beteiligten Senior-Wissenschaftler*innen zu vereinbaren.
Wie die Abschlussevaluierung und zahlreiche persönliche Gespräche zeigten, empfanden die Teilnehmer*innen auch diesen Durchgang der IRS Spring Academy als überaus nützlich und wertvoll. Hervorgehoben wurde dabei der besondere Mix aus Interdisziplinarität, dem Fokus auf den Raum in Verbindung mit einem spezifischen Thema, lokaler Kooperation, dem intensiven persönlichen Austausch, der Beratung durch erfahrene Seniors und der guten Atmosphäre vor Ort. Der Mehrwert einer Präsenzveranstaltung gegenüber einem virtuellen Event wurde mehr als deutlich, wobei sich auch zeigte, dass virtuelle Präsenz – vorbereitend, begleitend und im Nachgang – zur neuen Normalität von Präsenzveranstaltungen gehört.
Die IRS Spring Academy 2022 wurde federführend organisiert von Sarah Brechmann, Referentin für Internationales am IRS. Die Keynote Lectures werden im Youtube-Kanal des IRS veröffentlicht. Eindrücke von Verlauf und Inhalten der Veranstaltung finden sich auch auf Twitter unter dem Handle @IRSErkner bzw. dem Hashtag #SpacesInfection22. Am IRS erforscht derzeit außerdem ein DFG-Projekt die räumlichen Ausbreitungsmuster von COVID19 in Deutschland. Auskünfte erteilt Projektleiter Dr. Andreas Kuebart (andreas.kuebart(at)leibniz-irs.de).