Drittmittelprojekt

Sicherheitswahrnehmungen in urbanen Räumen. Best Practices für baulich-räumliche Gestaltungen und digitales Planen

Forschungsschwerpunkt: Ökonomie und Zivilgesellschaft

Forschungsthemen: Neue soziale Praktiken Neue Unsicherheiten und Resilienzbildungen

Projektleitung im IRS: Prof. Dr. Gabriela Christmann

Projektteam: Mandy Töppel

Verbundpartner: Ernst-Mach-Institut (Koordination) Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung Inter 3 Institut für Ressourcenmanagement virtualcitySYSTEMS GmbH

Förderorganisation: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Laufzeit: 03/2018 - 05/2021

© Alper Çuğun
© Alper Çuğun

www.stadtsicherheit-3d.de

Sicherheit für die Bewohner/-innen und Besucher/-innen einer Stadt zu gewährleisten, ist eine zentrale Aufgabe für die Stadtpolitik und insbesondere für die baulich-räumliche Planung. Politik und Planung verfolgen daher das Ziel, als unsicher wahrgenommene Räume zu verbessern oder gar nicht erst entstehen zu lassen und Stigmatisierungen als „Angsträume“ oder „No-Go-Areas“ zu vermeiden. Das vom BMBF geförderte Verbundprojekt „Stadtsicherheit-3D“ systematisiert die Faktoren für räumliche Sicherheitsbewertungen, entwickelte Szenarien für die Intervention, katalogisierte bisherige Best Practices für Politik und Planung, entwickelte auf der Grundlage der empirischen Analysen neue Vorschläge für Best Practices und erarbeitete zugleich ein digitales Planungstool, das entsprechende Planungsprozesse über 3D-Stadtmodelle erleichtern soll.

Das Verbundprojekt trug den Titel „Bewertung und Verbesserung der urbanen Sicherheit mit Hilfe von semantischen 3D-Stadtmodellen“ und adressierte Forschungslücken und Wissensdefizite in den Bereichen „urbane Sicherheit“ und „digitale Planung“. Die IRS-Forschungsabteilung „Kommunikations- und Wissensdynamiken im Raum“ steuerte als einer von vier Verbundpartnern Expertise auf den Feldern der Vulnerabilitätswahrnehmung von Bürger/-innen in Stadträumen, der Rolle von Digitalisierungen in der kommunikativen Konstruktion von Räumen sowie der Mediatisierung von Planungsprozessen durch digitale Werkzeuge bei. Abteilungsleiterin Prof. Dr. Gabriela Christmann leitete das Teilprojekt „Sicherheitswahrnehmungen in urbanen Räumen. Best Practices für baulich-räumliche Gestaltungen und digitales Planen“. Urbane Sicherheit wurde im Kontext des Projektes als vielschichtiges Phänomen angesehen.

Folgende Faktoren, die die Sicherheit von Bürger/-innen in Stadträumen gefährden können, wurden dabei im Gesamtprojekt fokussiert: die fehlende Einsehbarkeit in Stadträume (z.B. aufgrund von Vorsprüngen, Nischen etc.) sowie die mangelhafte Beleuchtung von städtischen Teilräumen, aber auch die eingeschränkte Hörbarkeit (z.B. von Hilferufen aufgrund von Verkehrslärm) sowie Gefährdungen durch terroristische Angriffe. Bislang gab es keine systematische sozialwissenschaftliche Forschung zu als unsicher und sicher wahrgenommenen urbanen Räumen mit ihren baulich-räumlichen Faktoren. In der internationalen Forschungsliteratur wird das Fehlen einer systematischen Kartierung von entsprechenden baulich-räumlichen Faktoren seit Langem beklagt (‚absence of morphological mapping‘).

Das IRS schloss hier mit seinem Teilprojekt in sozialwissenschaftlicher Hinsicht eine Lücke. Es adressierte das Problem, indem es in der ersten Phase des Projekts einen neuartigen Multi-Methodenansatz für das „morphological mapping“ entwickelte und diesen umsetzte. Vulnerabilitätswahrnehmungen von Räumen einerseits und konkrete materielle Ausprägungen in Form von baulich-räumlichen Faktoren andererseits wurden in diesem Ansatz miteinander verbunden. Damit wurden im Projekt übrigens auch konzeptionelle Überlegungen der IRS-Forschungen zu Vulnerabilität und Resilienz aus sozio-räumlicher Perspektive methodisch umgesetzt. Zunächst wurden (Un-) Sicherheitswahrnehmungen von Bürger/-innen in urbanen Räumen über die Methoden des „Go-Alongs“ und des „Lauten Denkens“ erfasst. Von den als (un-)sicher wahrgenommenen Stadträumen wurden Fotos mit Geotagging angefertigt. In einem nächsten Schritt wurden die baulich-räumlichen Faktoren identifiziert, die in den Räumen von den Bürger/-innen als „(un-)sicher“ wahrgenommen und benannt werden. Diese Faktoren wurden zu einem späteren Zeitpunkt inventarisiert und qualitativ wie auch quantitativ beschrieben. Für die quantitativen Beschreibungen wurden sogar detaillierte Messungen durchgeführt (Laser-Entfernungsmesser, Belichtungsmesser, Schallpegelmesser). Auf dieser Grundlage wurden die baulich-räumlichen Faktoren in Form von Hybrid Maps visualisiert. Zu den untersuchten Büger/-innen gehörten Männer und Frauen, Personen verschiedener Altersgruppen, Deutsche und Migrant/-innen. Aber auch Sicherheitsexperten gehörten zu den Befragten.

Entscheidend für das Gesamtvorhaben des Projekts ist es, dass die IRS-Daten zur Weiterverarbeitung an die Konsortialpartner übermittelt werden, die aus Disziplinen wie der Mathematik und der Informatik stammen. Es wurden Algorithmen entwickelt, um die morphologischen Strukturen und Ausprägungen von (Un-)Sicherheiten besser verstehen zu können. Die Partner arbeiteten in dieser Hinsicht eng zusammen. Auch Software-Entwickler gehörten dem Konsortium an, um auf der Basis der Daten und von 3D-Stadtmodellen eine Software für die Sicherheitsbewertung und -modellierung zu entwickeln. Diese Software soll Planer/-innen künftig als digitales Planungstool dienen. Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse über die Morphologie von (Un-) Sicherheiten in urbanen Stadträumen wurden zudem Best Practices für die Planungspraxis und Stadtpolitik erarbeitet. Speziell für die IRS-Forschungen zu Digitalisierungen, aber auch zu Innovationen in der Planung ist das Projekt insofern interessant, als dort in der zweiten Phase Planer/-innen beobachtet und befragt wurden. Es wurden zum einen Planer/-innen sein, die als Beta-Tester mit einer ersten Version des digitalen 3D-Planungstools arbeiten. Zum anderen wurden Experten für digitales Planen befragt. Ziel war es, Einschätzungen zur Zukunft des digitalen Planens im Allgemeinen, zu Potenzialen von digitalen Planungstools für urbane Sicherheit im Besonderen und zudem zu Potenzialen für Innovationen in der Planung aufgrund von digitalen Tools zu gewinnen.

Foto: © Alper Çuğun/flickr.com

Aktuelles
28. Juni | 2019

Bei der Langen Nacht der Wissenschaften 2019 am 15. Juni in Berlin konnte das IRS sich über reges Interesse freuen. Die Besucherresonanz lag dabei auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Rekordjahr 2018. Mit vier Angeboten zu den Themen Migration, Wohnungsbau, Planungsgeschichte und Sicherheitsempfinden in der Stadt war das Institut in der Leibniz-Geschäftsstelle in Berlin-Mitte prominent vertreten. Ein Projektteam nutzte die Gelegenheit sogar, um Daten zu sammeln. mehr Info

Publikationen

Forschungsverbund Stadtsicherheit-3D, & Christmann, G. (2021). Stadtsicherheit-3D. Die subjektive Sicherheitswahrnehmung im Blick: Ein Handlungsleitfaden für Sicherheitsbewertungen mittels einer 3D-Planungshilfe. Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut. https://www.stadtsicherheit-3d.de/fileadmin/media/Stadtsicherheit-3D_Brosch%C3%BCre.pdf
Christmann, G., & Töppel, M. (2021). Der sozialwissenschaftliche Ansatz zur Vermessung und Kartierung von Unsicherheitsfaktoren. in F. SD. (Hrsg.), Stadtsicherheit-3D. Die subjektive Sicherheitswahrnehmung im Blick: Ein Handlungsleitfaden für Sicherheitsbewertungen mittels einer 3D-Planungshilfe (S. 16-17). Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut. https://www.stadtsicherheit-3d.de/fileadmin/media/Stadtsicherheit-3D_Brosch%C3%BCre.pdf
Christmann, G., & Töppel, M. (2021). Ergebnis der Begehungen: Die Wirkung baulich-räumlicher Faktoren auf die (Un-)Sicherheitswahrnehmungen von Stadtbürger:innen. in F. SD. (Hrsg.), Stadtsicherheit-3D. Die subjektive Sicherheitswahrnehmung im Blick: Ein Handlungsleitfaden für Sicherheitsbewertungen mittels einer 3D-Planungshilfe (S. 18-21). Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut. https://www.stadtsicherheit-3d.de/fileadmin/media/Stadtsicherheit-3D_Brosch%C3%BCre.pdf
Sommer, V., & Töppel, M. (2021). Go-Alongs in einem multimethodischen Forschungsprogramm. in A. J. Heinrich, S. Marguin, A. Million, & J. Stollmann (Hrsg.), Handbuch qualitative und visuelle Methoden der Raumforschung (S. 195-207). (UTB; Nr. 5582). Transcript.