Drittmittelprojekt

Resilienter Krisen-Umgang: Die Rolle von Beratung bei der Schaffung und Nutzung von „Gelegenheiten“ in Krisenverläufen (RESKIU)

Forschungsschwerpunkt: Ökonomie und Zivilgesellschaft

Forschungsthemen: Konzeptionelle Zugänge zu Krise und Resilienz Neue Unsicherheiten und Resilienzbildungen Krisen und Resilienzen im Mehrebenensystem

Projektleitung im IRS: Prof. Dr. Oliver Ibert

Projektteam: Jeannette Higiro Dr. Verena Brinks Tjorven Harmsen

Laufzeit: 10/2017 - 09/2021

© Gajus@shutterstock.com
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Das Forschungsprojekt "Resilienter Krisen-Umgang: Die Rolle von Beratung bei der Schaffung und Nutzung von „Gelegenheiten“ in Krisenverläufen" (RESKIU) setzt sich mit dem Potenzial von Krisen als Problemlöser auseinander und versucht zu ergründen, was von handelnden Akteuren in Krisensituationen getan werden kann, um nicht nur die Krisensymptome zu lindern, sondern auch um „Gelegenheiten“ für strukturelle Veränderungen zu schaffen oder zu nutzen. Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Jahren und führt Grundlagenforschung und anwendungsbezogene Forschung zu Krisen zusammen.
Krisen werden verstanden als Ausnahmesituationen, die schnelles Handeln abseits alltäglicher Routinen erfordern und Entscheidungen unter Bedingungen hoher Unsicherheit und Unübersichtlichkeit verlangen. Als „turning point for better or worse“ haben Krisen einen ambivalenten Charakter. Einerseits werden sie von den handelnden Akteuren als existentiell bedrohlich wahrgenommen, andererseits bietet sich aber auch die Chance, die Krisensituation zu nutzen, um grundlegenderen Wandel zu erreichen. Wenn es also gelingt, durch die Art des Umgangs mit einer Krise nicht nur die Krisensymptome zu lindern, sondern auch einige der zugrundeliegenden Krisenursachen zu bekämpfen, dann sprechen wir von einem resilienten Krisenumgang (RESKIU). Die leitende Fragestellung des Projekts lautet, was von den handelnden Akteuren getan werden kann, um einen solchen resilienten Krisenumgang zu erreichen. Zwei Aspekte dieser Frage sind dabei von besonderem Interesse:

Erstens ist es das Ziel des Projekts, die für Krisenverläufe typische raumzeitliche Verteilung von Gelegenheiten zu analysieren und die sich daraus ergebenden Interventionsmöglichkeiten von Akteuren zu verstehen. Krisen bieten eine wirkmächtige Bewältigungsstruktur, ein einzelnes Problem für eine gewissen Zeit zu priorisieren und mit maximaler Aufmerksamkeit zu bearbeiten. Die in der Krise gefundenen Lösungen haben immer auch langfristige Konsequenzen. Daher ist es wichtig, in der Krise nicht kurzsichtig zu agieren um beispielsweise schnell zur Normalität zurückkehren zu können, sondern trotz Dringlichkeit auch die strukturellen Wirkungen von Entscheidungen mitzudenken.

Zweitens wird ein besonderer Fokus dabei auf erfahrenen Berater/-innen liegen, die entweder aufgrund ihrer Expertise zu den in eine Krise geratenen Systemen („Experten in Krisen“) oder aufgrund ihres generischen Wissens um Krisendynamiken, Krisenkommunikation und Krisenmanagement („Experten für Krisen“) hinzugezogen werden. Unsere Forschungen haben gezeigt, dass sich das Spektrum an Beratung in Krisen sehr stark ausweitet. Viele dieser Experten sind aber nur kurz und für begrenzte Aufgaben zuständig. Strategische Beratung ist vor allem von "trouble shootern" zu erwarten, die Organisationen dahingehend beraten, sich auf künftige Krisen besser vorzubereiten, sowie von vertrauensvollen Beratern, die sich langfristig in dem von einer Krise betroffenen Feld engagieren und deren Rolle vor allem darin besteht, die Krise auch als Chance zu nutzen strukturelle Probleme anzugehen. Foto: Gajus@shutterstock.com

Aktuelles
19. Juli | 2021
Ein Rückblick auf die internationale und transdisziplinäre Konferenz „Emerging from Emergencies. Exploring CRISIS as a Dynamic Opportunity Structure“

Brexit, Klimawandel, bewaffnete Konflikte – leben wir tatsächlich in Zeiten permanenter Krise? Und was folgt daraus für die Art, wie die Gesellschaft mit Krisen umgehen soll? Wie können Krisen produktiv genutzt werden, um langfristig zu lernen? Diese Fragen und weitere wurden auf der Online-Konferenz „Emerging from Emergencies“ adressiert. Die Konferenz eröffnete eine Perspektive auf einen proaktiveren, stärker reflektierten und offeneren Umgang mit Krisen. mehr Info

Publikationen

Brinks, V., & Ibert, O. (2021). From Omniscient Narrator to Involved Participants: Places and Spaces “Activated” in the EHEC O104:H4 Crisis 2011. Journal of Contingencies and Crisis Management, 29(3), 321-329. https://doi.org/10.1111/1468-5973.12332
Ibert, O. (2021). Ein Plädoyer für ein generisches und ambivalentes Krisenverständnis: Gespräch mit Oliver Ibert. in T. Siurkus, & N. Deitelhoff (Hrsg.), Crisis Interviews: Eine Publikation des Leibniz-Forschungsverbunds Krisen einer globalisierten Welt (S. 93-100) https://www.leibniz-krisen.de/fileadmin/user_upload/Krisen/Publikationen/Crisis_Interviews.pdf
Berr, K., Broer, I., Feldner, D., Harmsen, T., Schöppl, N., Sokolovska, N., Scherpenberg, C. V., Staemmler, J., Wagner, N., Walter, C., & Zoth, L. (2022). Der Crisis Science Hub: Krisenresilienz stärken durch systematische Zusammenarbeit von Wissenschaft und öffentlicher Verwaltung. Institut für Innovation und Technik. https://www.iit-berlin.de/wp-content/uploads/2022/04/2022-03-28_iit-Studie-CRISP-Paper_final_Titel.pdf
Ibert, O., & Harmsen, T. (2022). Eingebettete Krisen: Bedrohung und Gelegenheit. Gesundheit und Gesellschaft, 22(3), 7-14. https://www.wido.de/fileadmin/Dateien/Dokumente/Publikationen_Produkte/GGW/2022/wido_ggw_0322_ilbert_harmsen.pdf
Brinks, V., & Ibert, O. (2023). Experts in Crisis: The Wide Spectrum of Advisors for Coping with Extreme Events. International Journal of Disaster Risk Reduction, 92, [103696]. https://doi.org/10.1016/j.ijdrr.2023.103696