Qualifizierungsprojekt

Reading Ruptures: A Reconstruction of Time-Spatial Rural Innovation Processes and the Negotiation of Value

Forschungsschwerpunkt: Ökonomie und Zivilgesellschaft

Projektleitung im IRS: Jonathan Hussels

Förderorganisation: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Laufzeit: 10/2022 - 12/2025

In jüngerer Zeit und nicht zuletzt im Rahmen von Arbeiten am IRS hat die Forschung über ländliche Innovationsprozesse sowohl in der Landforschung als auch in der Wirtschaftsgeografie ihren Platz auf der Forschungsagenda gefunden. Diese neue Fokussierung liegt nicht zuletzt in einer grundlegenderen ‚relationalen Wende‘ begründet, welche eine erkenntnistheoretische Neubetrachtung des ländlichen Raums insgesamt impliziert, da sie deren Konstruktion durch Beziehungen, Interaktionen und Prozesse betont (Christmann, 2015; Woods, 2007). Im Falle der räumlichen Innovationsforschung spiegelt sich die folgende Transzendenz territorialer Konzepte in einer Verlagerung hin zur Untersuchung von raum-zeitlich dynamische Innovationsprozessen wider (Ibert et al., 2015; Schmidt et al., 2018).

Ländliche Räume als relational konstruiert zu verstehen, impliziert unweigerlich die Frage nach den Auswirkungen, welche raum-zeitlich dynamische Innovationsprozesse in ihnen entfalten. Während Folgenabschätzungen die Forschung nach diesen Auswirkungen erheblich vorangebracht haben, stehen sie ebenso vor einer Reihe von Problemen, da sie versuchen, einen objektiven Wertbegriff zu etablieren. Außerdem arbeiten sie mit einer ergebnisorientierten Logik, welche die komplexen sozialen Prozesse verdeckt, die zur Entstehung von Mehrwert (oder deren Ausbleiben) überhaupt erst beitragen.

Als Reaktion auf solche Bedenken wird eine Bewertungsperspektive vorgeschlagen, die untersucht, wie Mehrwert während des Innovationsprozesses iterativ konstruiert wird. Das Dissertationsprojekt bedient sich dabei Ansätzen der Bewertungssoziologie (Lamont, 2012; Vatin, 2013), um die mitunter konflikthafte Aushandlung von Bewertungen und deren Wechselwirkung mit Blick auf die Konstruktion von Innovationsprozessen zu konzeptualisieren. In diesem Sinne wird eine konzeptionelle Perspektive für das Verständnis ländlicher Innovationsprozesse entwickelt, welche die Bedeutung 'erfahrenen' Mehrwerts und den performativen Einfluss von Bewertungen hervorhebt (Barinaga, 2023). Dieser Ansatz ermöglicht es, die verschiedenen Akteure, Gegenstände und Direktionalitäten von ländlichen Innovationsprozessen zu berücksichtigen und ihren inhärent politischen Charakter hervorzuheben. Darüber hinaus sensibilisiert er für die komplexen sozialen Dynamiken und Prozesse, welche der Entstehung von Mehrwert unterliegen und bietet Erklärungsansätze für oft nicht-lineare Verläufe von Innovationsprozessen (oder gar deren Scheitern).

Die Arbeit ist an das Drittmittelprojekt "SOIR - Stark durch Offene Innovationsregionen: Innovationspotenziale identifizieren - Lockins vermeiden - gesellschaftliche Innovationsfähigkeit ausbauen" angelehnt. Das kumulative Dissertationsprojekt wird von Prof. Dr. Suntje Schmidt betreut und ist in der angewandten Wirtschaftsgeographie an der Humboldt-Universität zu Berlin angesiedelt.