03. Oktober 2025 | Nachricht

Reiseskizzen und bittere Dystopien

Rückblick auf die Ausstellung „Pläne und Träume. Gezeichnet in der DDR“

Die Ausstellung „Pläne und Träume. Gezeichnet in der DDR“ vom 24. Mai bis zum 7. September 2025 in Berlin war ein voller Erfolg. In einer sehr gelungenen Kooperation zwischen dem Museum für Architekturzeichnung der Tchoban Foundation und dem IRS wurde erstmals überhaupt eine umfassendere Ausstellung mit architektonischen Zeichnungen nur aus der DDR gezeigt.

 

Dabei wurde sowohl auf Objekte aus den Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS und weiterer Archive und Museen in Berlin, Dresden, Frankfurt/Oder, Leipzig und Weimar wie auch auf Stücke aus Privatbesitz zurückgegriffen. Kuratiert wurde die Ausstellung von IRS-Sammlungsleiter Kai Drewes und dem Architekturkritiker Wolfgang Kil. Ort des Geschehens war der markante, von dem Stifter Sergei Tchoban selbst entworfene Museumsbau in Prenzlauer Berg. Der Erfolg der Schau kam zum Ausdruck in einer sehr gut besuchten Vernissage und hervorragenden Besucherzahlen, in vielen und lobenden Besprechungen in den Medien (u.a. in der Bauwelt, Berliner Zeitung, FAS, FAZ, SZ und taz, im Standard und im Freitag) und auch darin, dass der Ausstellungskatalog schon vor dem Ende der Laufzeit restlos ausverkauft war. Als ein gewisser Ersatz kann das von Wolfgang Kil verfasste Themenheft „Die Unbeugsamen. Sieben Architekturgeschichten aus der DDR“ der BauNetzWOCHE vom August 2025 dienen (https://www.baunetz.de/baunetzwoche/baunetzwoche_ausgabe_10018521.html).

Der grundlegende Ansatz der Präsentation bestand darin, auf zwei Etagen zum einen „Pläne“ und dann „Träume“ zu zeigen. Damit gemeint waren einmal projektbezogene Entwürfe (auch wenn diese gar nicht so selten nicht oder nicht in der vorgeschlagenen Form realisiert wurden) und im Gegensatz dazu privat entstandene Zeichnungen, teilweise von der Hand derselben Künstler. Im Kontrast beider Ebenen wurde nicht zuletzt ein bemerkenswertes Spannungsverhältnis zwischen teilweise ambitionierten Planungen und privaten Bildwelten deutlich. Letztere, die von Reiseskizzen bis zu bissigen Satiren, aber auch bitteren Dystopien reichen, sind auch nach wie vor insbesondere in Privatbesitz dokumentiert. In dieser Hinsicht waren die guten Kontakte des Ko-Kurators Wolfgang Kil von entscheidender Bedeutung. Die vielen Leihgaben der Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS wiederum flossen fast ausnahmslos in den Bereich der „Pläne“ ein. Freilich kann das Ausnahmetalent Dieter Bankert, dessen Vorlass sich im IRS befindet und der nur in der „Pläne“-Etage vertreten war, dort aber verdientermaßen mit einer Reihe von Zeichnungen, auch als ein träumerischer Planer bezeichnet werden.

Die Ausstellung hatte nicht den Anspruch, die gesamte Geschichte von Städtebau und Architektur der DDR erschöpfend darzustellen beziehungsweise zu deuten. Bewusst wurden auch nicht besonders bekannte Namen in den Vordergrund gestellt. Von besonderem Interesse waren vielmehr bemerkenswerte Einzelfälle, wobei individuelle Stile, Erfahrungen und Visionen sich selbstverständlich nicht von großen Entwicklungslinien trennen lassen. Somit ließen sich selbstverständlich anhand bemerkenswerter Beispiele auch grundlegende Entwicklungen im Hinblick auf den mitunter dramatischen Wandel architektonischer und ideologischer Leitbilder ablesen. Einschneidend etwa der Übergang vom sozialistischen Klassizismus der Stalinära zu einer modernistischen Formensprache (zu sehen etwa an völlig verschiedenen Entwürfen für den Kulturpalast in Dresden) und dann in der späten DDR-Zeit eine postmoderne Architektur eigener Art. Zu den vielen Zeichnungen, die besonderes Interesse weckten, gehörten beispielsweise unter „Pläne“ die von Günter Reiss für die eigensinnige Architektengruppe ZE4 als Gewinnerbeitrag für den Wettbewerb für den Bayrischen Platz in Leipzig (1968) und unter „Träume“ die verschiedenen "Babel"-Bilder von Michael Kny, die er um 1980 privat anfertigte. Nicht zuletzt kompensierte er damit Frustrationen aus seiner Arbeit als Architekt unter den vorherrschenden Bedingungen, wie er in der Ausstellung einem Filmteam des MDR berichtete.

Kontakt

Ausstellung
23. Mai | 2025 - 07. September | 2025
Ausstellung im Museum für Architekturzeichnung

Gab es Besonderheiten beim architektonischen Zeichnen in der DDR? Anhand von über 140 Werken fragt die Ausstellung nach den Machern von Architektur, nach Motiven, Visionen, auch Enttäuschungen mehrerer Generationen von Architekten und Architektinnen. Professionelle Entwurfszeichnungen für konkrete Bauaufgaben stehen privaten Zeichenblättern gegenüber, die oft ganz anders gelagerte Visionen und Reflexionen zum Ausdruck bringen. mehr Info