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Anhaltende Ungleichheiten? Die Kontinuität der Ost-West-Spaltung und neue Ungleichheiten in der deutschen Gesellschaft
Call for Papers für ein Sonderheft in Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning (RuR)

Ein Sonderheft der Fachzeitschrift „Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning (RuR)“ wird sich der anhaltenden sozioökonomischen und politischen Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland widmen. Die Guest Editors sind Franziska Görmar und Jörn Knobloch vom Leibniz-Institut für Länderkunde.
In den vergangenen zehn Jahren hat die Debatte um persistente Ost-West-Unterschiede in Deutschland wieder Fahrt aufgenommen. Die Debatte spielt damit nach wie vor eine herausgehobene Rolle in der Selbstwahrnehmung Deutschlands in Bezug auf politisch relevante sozialräumliche Ungleichheiten. Indes gibt es 35 Jahre nach der Wiedervereinigung in der Wissenschaft und Politik zunehmend Ansätze, die andere sozialräumliche Unterschiede als politisch relevanter einschätzen. So konstatieren Forschungen etwa ein problematisches Stadt-Land-Gefälle oder große sozialräumliche Unterschiede zwischen Nord- und Süddeutschland. Diese „neuen“ räumlichen Ungleichheiten können die politische Relevanz der Ost-West-Unterscheidung herausfordern. Zum Beispiel verweist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) darauf, dass die ostdeutschen Länder in Bezug auf Finanz- und Wirtschaftskraft weiter aufgeholt haben, während das Stadt-Land-Gefälle überall größer wird. „Abgehängte Regionen“ gibt es nicht mehr nur in Ostdeutschland, sondern zunehmend auch in altindustriellen oder ländlichen Regionen Westdeutschlands, die in den aktuellen Transformationsprozessen ebenfalls vor großen Herausforderungen stehen.
Für eine völlige Relativierung der sozialräumlichen Ost-West-Unterscheidung reicht das aber noch nicht. Der Osten des Landes ist überwiegend ländlich geprägt, weshalb sich dort verschiedene Marginalisierungseffekte überlappen, was zu einer Verschärfung sozioökonomischer Problemlagen in einzelnen Regionen führt. Diese Problemlagen „abgehängter Regionen“ (ostdeutscher und anderer) werden dabei oft stark medialisiert, so dass das Bild eines „anderen Deutschland“ entsteht. Gleichzeitig sind marginalisierte Regionen, ostdeutsche und andere, häufig in politischen Arenen unterrepräsentiert. Die hohen Wahlquoten für populistische Parteien (AfD und BSW) lassen zudem auf eine politische Differenzierung zwischen unterschiedlichen Regionen schließen, wobei insbesondere die AfD auch im Westen steigende Ergebnisse vorweisen kann.
Das Special Issue setzt sich daher zum Ziel, 35 Jahre nach der Wiedervereinigung neben der Analyse der Ost-West-Unterschiede und ihrer Ursachen weitere sozialräumliche Unterschiede (z.B. Stadt-Land, Nord-Süd) mit ihren Ungleichheiten sowie entsprechende Antworten darauf in den Blick zu nehmen. Dabei sollen die Beiträge über Erklärungsmuster im Sinne einer „revenge of the places that don’t matter” hinausgehen, um ein nuancierteres Verständnis der Unterschiede zu gewinnen und so räumliche Konzepte der Differenzierung kritisch zu hinterfragen.
Die Deadline für die Einreichung von Abstracts ist der 31. Januar 2026. Weitere Details entnehmen Sie bitte dem Volltext des Call for Papers (PDF).