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Was die Wirtschaftsgeographie von der Genetik lernen kann
Artikel zu Sequenzanalyse in der Raumentwicklungsforschung
Mit Sequenzanalysen wird in der Genetik die Abfolge von Basenpaaren im Erbgut von Lebewesen untersucht. Sequenzanalysen kommen aber zunehmend auch in den Sozialwissenschaften zum Einsatz, um zeitliche Abfolgen von Ereignissen zu erforschen. Ein neuer Artikel in der Fachzeitschrift „Progress in Economic Geography“ zeigt nun, wie die Methode zur Untersuchung von wirtschaftsräumlichen Entwicklungspfaden eingesetzt werden kann.
In der Wirtschaftsgeographie ist es schon lange Konsens, dass es wichtig ist, historische Entwicklungen zu betrachten, um wirtschaftsräumliche Strukturen zu verstehen. Unter der Überschrift der „evolutionären Wirtschaftsgeographie“ ist eine große Bandbreite von Konzepten und Forschungsansätzen versammelt, die beispielsweise die Pfadabhängigkeit von Entwicklungen oder Wege der Spezialisierung von Regionen untersuchen. In ihrem Artikel „Introducing Sequence Analysis to Economic Geography“ in der Fachzeitschrift „Progress in Economic Geography“ stellen Sebastian Losacker (Universität Gießen) und Andreas Kuebart (IRS) eine neue Methode vor, um raum-zeitliche Entwicklungspfade direkt zu analysieren. Sie schlagen vor, ein Set an Methoden zum Einsatz zu bringen, das zusammenfassend als Geographische Sequenzanalyse bezeichnet wird. Der Ansatz stammt aus der Genetik und wird dazu eingesetzt, Sequenzen von Basenpaaren in einem DNA-Strang vergleichend zu analysieren. Heute wird Sequenzanalyse auch in den Sozialwissenschaften und der Bildungsforschung eingesetzt, beispielsweise dazu, biographische Sequenzen (Schule, Schulabschluss, Ausbildung, Berufseintritt etc.) zu erfassen, zu vergleichen und die Häufigkeiten und Geographien unterschiedlicher Sequenzen zu ermitteln.
Losacker und Kuebart schlagen vor, sowohl die Entwicklungsschritte von Wirtschaftsräumen (etwa spezialisierten Clustern) mit Sequenzanalysen zu erfassen und zu vergleichen, als auch die Bewegungen von Entitäten wie Unternehmen im Raum als Sequenzen zu verstehen. So könnten beispielsweise erfolgreiche und weniger erfolgreiche Entwicklungspfade anhand jeweils typischer Sequenzmuster identifizieren werden – und nicht erst im Nachhinein.