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Paper zu „Gateway cities“
Arabische Golfregion: Ausländische Hochschulcampusse als Scharniere der Globalisierung
Ein aktuelles Paper aus dem IRS zeigt, wie sich Universitäts-Auslands-Campusse auf die strategische Positionierung von Städten auswirken können. Tim Rottleb hat dazu in der Arabischen Golfregion untersucht, welche Auswirkungen das Zusammenspiel zwischen städtischen Standortpolitiken und der Internationalisierung von Universitäten hat. Untersuchungsräume waren die Städte Doha, Dubai und Ras al-Khaimah.
Kernergebnis der Studie ist, dass sich über Universitäts-Auslands-Campusse in den drei Städten auffallend ähnliche Muster für deren strategische Positionierung herausgebildet haben. Die daraus im globalen Wettbewerb erkennbaren Campus-Zuschreibungen beschreibt Rottleb als „Gateway-Funktionen“. Wo Städte ihre strategisch-ökonomische Position ausbauen, bilden sich solche „Gateways“ für transnationale Hochschulbildung zunehmend in regionalen aber auch überregionalen Netzwerken der globalen Wissensökonomie aus.
Universitäten spielen im Städtewettbewerb eine wichtige Rolle. Sie bilden hochqualifizierte Fachkräfte und Entscheidungsträger*innen aus. Die verfügen dann über das notwendige Wissen für den Umgang mit Wirtschaftssektoren, die sich ständig internationalisieren und ausdifferenzieren. Verstärkt wird diese universitäre Rolle dadurch, dass Städte und Regierungen mit ihren Standortpolitiken immer mehr auf den Ausbau von Wissenschaft und Bildung setzen. Dahinter steckt die öffentliche standortpolitische Erwartung einer Scharnier-Funktion, mit der man sich im internationalen Wettbewerb um Investoren und gut ausgebildete Fachkräfte dauerhaft behaupten kann.
Rottlebs Paper zeigt, dass eine besondere Dynamik dann entsteht, wenn Städte außerhalb des industrialisierten globalen Nordens diese Scharnier-Strategie verfolgen. Wenn sie in den globalen Wettbewerb einsteigen, versuchen sie sehr gezielt, physische Ableger meist westlicher Universitäten bei sich anzusiedeln. Das ist mit attraktiven Vorteilen verbunden. An sogenannten International Branch Campuses, oder Offshore Campuses können Studierende nämlich ausgewählte Studiengänge der Hauptuniversität in Gänze absolvieren, meist inklusive Akkreditierung des Entsendelands. Oft werden diese Campusse in eigens dafür geschaffenen Gebieten angesiedelt. Und oft werden sie unter dem politischen Schlagwort „Education Hub“ gelabelt. Sie haben das Ziel, lokal hochqualifizierte Arbeitskräfte in die Wissensökonomie zu holen sowie Expertise aus dem Ausland anzuziehen.
Einerseits ermöglichen solche Campusse den sich internationalisierenden westlichen Universitäten Zugang. Andererseits profitieren auch Studierende aus dem Nahen und Mittleren Osten und den angrenzenden Regionen von den international anerkannten Studienabschlüssen. Das betrifft gerade diejenigen, die nicht in die Ursprungsländer der jeweiligen Universitäten reisen können oder wollen. Diese Gruppe von Studierenden ist dann nach ihrem Abschluss mit der notwendigen Qualifikation ausgestattet, um auf dem globalen Arbeitsmarkt konkurrieren zu können. Oder diese Studierenden qualifizieren sich, um in den internationalen Sektoren der Wirtschaften ihrer jeweiligen Herkunftsländer zu arbeiten. Dadurch entsteht eine weitere Scharnier-Funktion in den drei von Rottleb beforschten Städten: Sie verankern und verbreiten eine führende Rolle westlicher Hochschulbildung in der Region. Und nicht zuletzt verstärken sie damit vor Ort bestimmte Globalisierungs-Prozesse.