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Rund 500.000 Euro für Forschungsprojekt "KoopWohl – Teilhabe und Gemeinwohl"
Ende Januar 2020 beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus den Mietendeckel. Die Initiative „Deutsche Wohnen enteignen!“ streitet derweil weiterhin für einen Volksentscheid, der eine Zwangsenteignung großer Wohnungsunternehmen in der Hauptstadt ermöglichen könnte. Begründet werden solche Vorstöße wieder zunehmend mit dem Gemeinwohl und dem Ideal sozialer Teilhabe. Doch wie stehen zivilgesellschaftliche Initiativen und kommunal- und landespolitische Institutionen in dieser Frage zueinander? Welche Konzepte von Gemeinwohl und Teilhabe erwachsen aus Aushandlungsbeziehungen zwischen ihnen? Seit Anfang 2020 widmet sich ein Forschungsprojekt dieser Frage.
Am 6. Januar 2020 startete das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Projekt „Städtische Ko-Produktion von Teilhabe und Gemeinwohl“, kurz „KoopWohl“. Darin kooperiert das IRS mit dem Institut für Europäische Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar. Die Verbundkoordination hat Laura Calbet-Elias von der ehemaligen Forschungsabteilung „Regenerierung von Städten“ des IRS inne. Bis Ende 2022 wird das Projektteam lokale Aushandlungsprozesse zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren und städtischen Verwaltungen in den Blick nehmen.
Ausgangspunkt für das Forschungsvorhaben ist die Entstehung neuer zivilgesellschaftlicher Formen des Engagements, wie zum Beispiel wohnungspolitischer sozialer Bewegungen oder migrantischer Selbstorganisationen, die Einfluss in der Ausgestaltung gesellschaftlicher Teilhabe auf lokaler Ebene fordern. Zwischen ihnen und kommunalen und Landes-Institutionen sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren können verschiedene Beziehungskonstellationen entstehen – von kooperativ bis konflikthaft. Das KoopWohl-Projekt untersucht diese Beziehungsdynamiken in drei Themenfeldern: Wohnen, Umwelt und Migration.
Im Themenfeld Wohnen steht der Aushandlungsprozess um das sogenannte Dragonerareal in Friedrichshain-Kreuzberg im Fokus, im Feld Umwelt der Aushandlungsprozess um die Markthalle 9 in Friedrichshain-Kreuzberg. Im Feld Migration wird der Aushandlungsprozess um den anonymen Krankenschein in Thüringen betrachtet, der Migrantinnen und Migranten, die keinen legalen Aufenthaltsstatus haben, Zugang zur Gesundheitsversorgung ermöglichen soll. Die Fallstudien Migration und Umwelt sind am IfEU angesiedelt, die Fallstudie Wohnen am IRS. Die katalanische Stadt Barcelona dient als europäische Referenzstadt, in der ähnliche kooperative Aushandlungsprozesse zwischen städtischer Regierung und Zivilgesellschaft vergleichend untersucht werden.