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„Urbanist an Brennpunkten des Wiederaufbaus in Ost und West“
Ausstellung zu Leben und Werk des Architekten und Stadtplaners Egon Hartmann in Erfurt
Im Beisein des thüringischen Landtagspräsidenten Christian Carius, der IRS-Direktorin Prof. Dr. Heiderose Kilper sowie vieler Weggefährten, Stadthistoriker und Museumsfachleute aus Erfurt, Mainz und München wurde am 2. Mai 2018 eine vom IRS entwickelte und gestaltete Ausstellung zu Leben und Werk des Architekten und Stadtplaners Egon Hartmann (1919–2009) eröffnet. Bis zum 3. Juni 2018 ist sie im Landtag des Freistaates Thüringen zu sehen und gewährt den Besucher/-innen Einblicke in ein bewegtes Leben, das von den Kontrasten und Extremen des 20. Jahrhunderts geprägt war und dem baulichen und planerischen Erbe dieser Epoche einen markanten Stempel aufdrückte.
Wenige Biographien von Städtebauern spiegeln die politischen Umbrüche in Deutschland im 20. Jahrhundert so eindrücklich wider wie die von Egon Hartmann (1919–2009), der erst in Ost-, dann in Westdeutschland tätig war. Geboren in der gerade neu gegründeten Tschechoslowakei in der Umbruchzeit nach dem Ersten Weltkrieg, wurde er durch die Annexion des „Sudetenlandes“ 1938 deutscher Staatsangehöriger. Er diente nahezu den ganzen Zweiten Weltkrieg über in der Wehrmacht und wurde schwer verletzt. Seine Familie wurde 1945 aus Böhmen vertrieben und ging nach Thüringen. In Weimar studierte Hartmann Architektur und machte in der frühen DDR u.a. durch den Bau des Regierungshochhauses in Erfurt 1950/51 auf sich aufmerksam. Er gewann 1951 den prestigeträchtigen Wettbewerb zum Bau der Stalinallee (jetzt Karl-Marx-Allee) in Berlin und erhielt dafür den Nationalpreis I. Klasse. 1954 siedelte er in die Bundesrepublik über und entwickelte zunächst für die Stadt Mainz einflussreiche Wiederaufbaupläne. 1958 gewann Hartmann einen 2. Preis im großen internationalen Ideenwettbewerb für eine gesamtdeutsche Hauptstadt Berlin, ausgerichtet von Bundesregierung und West-Berliner Senat. 1959 ging er nach München, wo er in leitender Funktion in der städtebaulichen Planung unter anderem an den Entwicklungskonzepten im Vorfeld der Olympischen Spiele 1972 und für die Entlastungsstadt Neuperlach beteiligt war.
In seiner Einführungsrede verwies Dr. Kai Drewes, Leiter der „Wissenschaftlichen Sammlungen für Bau- und Planungsgeschichte der DDR“ des IRS und Kurator der Ausstellung, vor allem auf die Vielfalt der Prägungen, der politischen und wirtschaftlichen Arbeitskontexte sowie der künstlerischen Ausdrucksformen in Hartmanns Leben und Werk. „Der Hartmann-Nachlass im IRS ist sehr umfangreich, vielseitig und aussagekräftig“, so Drewes. Eine umfassende Aufarbeitung seines Lebens, die alle Facetten seiner Biographie und Karriere abbildet, stehe noch aus. Die Ausstellung aus 24 Schautafeln und drei Vitrinen mit originalen Plänen, Fotos und Hartmanns Arbeitstagebuch von 1950 könne aber zum Anlass genommen werden, sich auf das vielseitige Leben und Schaffen dieses energischen, kreativen Menschen einzulassen. Online werden die Wissenschaftlichen Sammlungen in Kürze schrittweise weiteres Material zur Verfügung stellen, das eine eingehende Beschäftigung mit Hartmann ermöglicht.
Landtagspräsident Carius hob die Verbindungen Hartmanns zum Freistaat Thüringen hervor, nicht zuletzt seine Rolle als Architekt des jetzigen Verwaltungshochhauses des Landtags. Neben Thüringen wirkte Hartmann insbesondere in Berlin, Mainz und München – die Wanderausstellung soll daher, auch mit Blick auf Hartmanns 100. Geburtstag im Jahr 2019, an vielen Orten in Deutschland zu sehen sein. Die Vernissage in Erfurt bot den Anlass für viele ergiebige Gespräche über Hartmanns Werk, aber auch über zukünftige Ausstellungsorte.