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Intermediäre auf dem Land
Aufsatz zu Sozialunternehmen in ländlichen Räumen im "Journal of Rural Studies"
Soziale Innovationen in ländlichen Räumen sind ein Schwerpunktthema der Forschungsabteilung „Kommunikations- und Wissensdynamiken im Raum“. Mehrere haushalts- und drittmittelfinanzierte Projekte adressieren Herausforderungen und kreative Projekte in Landgemeinden in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Im Fokus der Forschungen stehen dabei unter anderem Organisationen, die soziale Anliegen mit unternehmerischen Mitteln verfolgen. Obgleich diesen sogenannten Sozialunternehmen einhellig die Fähigkeit zugesprochen wird, neuartige Lösungen für soziale Problemlagen in ländlichen Räumen zu entwickeln und zu etablieren, bestehen in der Forschung noch große Wissenslücken zu den Fragen, wie deren innovative Praxis genau aussieht und was Sozialunternehmen in besonderem Maße zur Problemlösung qualifiziert.
Auf der Grundlage empirischer Untersuchungen im EU-Projekt „Social Innovations in Structurally Weak Rural Regions: How Social Entrepreneurs Foster Innovative Solutions to Social Problems“ (RurInno) ist Dr. Ralph Richter diesem Forschungsdesiderat nachgegangen und hatwesentliche Erkenntnisse in einem Aufsatz im „Journal of Rural Studies“ veröffentlicht. Darin zeigt Richter, dass die Rekontextualisierung von Wissen und Ideen entscheidend für die Innovationskraft ländlicher Sozialunternehmen ist. Ein untersuchtes Sozialunternehmen in Österreich adaptiert beispielsweise das Konzept offener Technologielabore aus städtischen Kontexten für den ländlichen Raum und wirkt auf diese Weise dem brain drain junger Menschen vom Land entgegen. Im polnischen Fallbeispiel schafft ein Sozialunternehmen mit dem aus Westeuropa adaptierten Konzept thematischer Dörfer Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung.
Als Voraussetzung für die Rekontextualisierung erweist sich die Fähigkeit, periphere Landgemeinden mit überregionalen Institutionen und Netzwerken zu verbinden. Ländliche Sozialunternehmen agieren als Intermediäre, die überregionalen Institutionen Zugang zu lokalen Umsetzungsmöglichkeiten für Programme und Strategien eröffnen und gleichsam für Landgemeinden ideelle und finanzielle Unterstützung in überregionalen Institutionen mobilisieren. Anhand von ego-zentrierten Netzwerkanalysen zeige ich, dass Sozialunternehmen in unhierarchischen Netzwerken schneller und ungebundener agieren als Entscheidungsträger im politischen Mehrebenensystem. Sie erweisen sich für die Entwicklung von Landgemeinden als wichtiger neuer Akteurstypus, der allerdings in den meisten Ländern Europas durch rechtliche und fiskalische Hürden (etwa die Vereinbarkeit von Gemeinnützigkeit und wirtschaftlicher Tätigkeit betreffend) noch nicht voll zur Entfaltung kommt.
Der Aufsatz ist Teil des Special Issues "Rural Social Enterprise and Social Entrepreneurship", editiert von Artur Steiner, Jane Farmer, and Gary Bosworth. Er ist im "open access" erschienen und kann auf der Homepage des Journal of Rural Studies heruntergeladen werden.
Richter, Ralph (2017): Rural social enterprises as embedded intermediaries: The innovative power of connecting rural communities with supra-regional networks, In: Journal of Rural Studies 2017, https://doi.org/10.1016/j.jrurstud.2017.12.005.