Leitprojekt

Smart Villagers. Digitalisierungen und soziale Innovationen in ländlichen Räumen

Forschungsschwerpunkt: Ökonomie und Zivilgesellschaft

Forschungsthemen: Neue soziale Praktiken Innovationsprozesse in raum-zeitlicher Perspektive Geteiltes Wissen - lokal und über Distanz

Projektleitung im IRS: Prof. Dr. Gabriela Christmann

Projektteam: Dr. Christian Reichel

Laufzeit: 01/2019 - 12/2021

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Smart Cities sind in aller Munde – doch smarte Dörfer? Ländliche Räume, insbesondere in strukturschwachen Regionen, sind häufig von Abwanderung und einem zunehmenden Rückstand bei digitalen Infrastrukturen und Innovationsdynamiken betroffen. Beide Trends verstärken sich gegenseitig. Es gibt jedoch Beispiele für Dörfer, in welchen innovationsorientierte Initiativen nicht nur vorhandene Defizite ausgleichen, sondern situations- und problemspezifisch neue lokale Lösungsmodelle entwickeln. Sie verbinden dabei neue Dienstleistungsangebote mit kreativen Anwendungen von Digitaltechnologie und mitunter auch verbesserten digitalen Infrastrukturen. Die Rede ist also von digital unterstützten sozialen initiativen. Dabei zeigt sich zum einen eine große Vielfalt von Handlungsgebieten und -ansätzen – von App-gestützten Mobilitätsdienstleistungen über Telemedizin zu Coworking Spaces, die im ländlichen Raum flexible Arbeitsformen ermöglichen, die typischerweise nur in Städten zu Verfügung stehen. Zum anderen zeichnen sich die besagten Initiativen durch ihren ausgeprägten bottom-up-Charakter aus, was jedoch eine Unterstützung etwa durch Politiken der Landesebene nicht ausschließt.

Das Erkenntnisinteresse des Leitprojekts liegt darin, derartige Initiativen mit Blick auf ihren Gehalt, die beteiligten Akteure und Akteurskonstellationen, ihren Prozesscharakter und ihre Wirkungen auf das Alltagsleben in ländlichen Räumen zu verstehen. Der zentrale konzeptionelle Bezugspunkt ist dabei Rammerts Konzept der „gesellschaftlichen Innovationen“. Er wird ergänzt durch Überlegungen zur Mediatisierung sozialen Handelns. Hinsichtlich des Gehalts und des Akteurshandelns steht die Frage im Vordergrund, wie verschiedene technologische und nicht-technologische Elemente rekombiniert werden und inwiefern Digitalisierung eher als Triebkraft oder eher als Konsequenz oder Teilaspekt zu verstehen ist. Hinsichtlich der Prozessualität steht die Frage nach ortsspezifischen Entwicklungsverläufen, Phasierungen sowie inhaltlichen und räumlichen Ausbreitungsmustern im Zentrum. Mit dem Fragenkomplex „Wirkung“ sind Be- oder Entschleunigungen des Alltagslebens durch globale Konnektivität, neue alltagspraktisch wirksame Raumkonstruktionen sowie soziale Differenzierungen der Auswirkung von Digitalisierungen (auf unterschiedliche Gruppen) angesprochen.

Die Forschungsobjekte sind digital unterstützte sozial-innovative Initiativen, von welchen jeweils eine in einer detaillierten qualitativen Fallstudie nachgezeichnet werden. Insgesamt wurden fünf Fallstudien in Deutschland erhoben. Zur Datenerhebung ist eine fokussierte Ethnographie zum Einsatz gekommen, die Experteninterviews und Dokumentenanalysen, medienbiographische Interviews, problemzentrierte Interviews und teilnehmende Beobachtungen verbindet.

Fotos: dusanpetkovic1/stock.adobe.com; agenturfotografin/stock.adobe.com; alexbrylovhk/stock.adobe.com;

Aktuelles
31. Januar | 2021
Aktive Dorfgemeinschaften und öffentliche Rückendeckung machen den Unterschied

Schon vor der Corona-Pandemie haben Bewohnerinnen und Bewohner von Dörfern begonnen, mithilfe digitaler Technologien neue Lösungen für Herausforderungen des Landlebens zu entwickeln. Gemein ist diesen Initiativen, dass sie einen Beitrag zur Attraktivität ländlichen Lebens leisten wollen. Ein Fachforum des jährlichen Zukunftsforums Ländliche Entwicklung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft diskutierte am 21. Januar 2021 die Frage, wie Digitalisierungsinitiativen auf dem Land zu organisieren seien – öffentlich und hauptamtlich oder zivilgesellschaftlich und ehrenamtlich? Der Austausch von Forschungsergebnissen und Praxiserfahrungen ergab ein erstaunlich klares Bild davon, wie Digitalisierung auf dem Land gelingen kann. mehr Info

Publikationen

Sept, A. (2020). Thinking Together Digitalization and Social Innovation in Rural Areas: An Exploration of Rural Digitalization Projects in Germany. European Countryside, 12(2), 193-208. https://doi.org/10.2478/euco-2020-0011
Sept, A. (2019). Breitbandausbau, und dann: Digitalisierung im ländlichen Raum als Herausforderung für Praxis und Wissenschaft. Planerin, (1), 29-30.
Zerrer, N., & Sept, A. (2020). Smart Villagers as Actors of Digital Social Innovation in Rural Areas. Urban Planning, 5(4), 78-88. https://doi.org/10.17645/up.v5i4.3183
Sept, A. (2021). Die Dorfapp als Ersatz für die Dorfkneipe? Erfahrungen aus einem Dorf in der Vulkaneifel. Standort: Zeitschrift für Angewandte Geographie, 45(1), 5-10. https://doi.org/10.1007/s00548-020-00679-2
Zerrer, N., Sept, A., & Christmann, G. (2022). Rural Community Development Click-by-Click: Processes and Dynamics of Digitally Supported Social Innovations in Peripheral Rural Areas. Raumforschung und Raumordnung, 80(3), 314-328. https://doi.org/10.14512/rur.145
Sept, A., & Christmann, G. (Hrsg.) (2022). Chancen und Herausforderungen in ländlichen Räumen durch Digitalisierung. (Raumforschung und Raumordnung; Band 80, Nr. 3). Oekom. https://rur.oekom.de/index.php/rur/issue/view/13
Sept, A., & Christmann, G. (2022). Chancen und Herausforderungen in ländlichen Räumen durch Digitalisierung: Opportunities and Challenges in Rural Areas Through Digitalization. Raumforschung und Raumordnung, 80(3), 247-250. https://doi.org/10.14512/rur.235
Sept, A., & Reichel, C. (2022). Neue Attraktivität ländlicher Räume durch Digitalisierung? Sozial-innovative Nutzungen digitaler Technik im Ländlichen. in S. Langner, & M. Weiland (Hrsg.), Die Zukunft auf dem Land: Imagination, Projektion, Planung, Gestaltung (S. 507-522). (Rurale Topografien; Band 14). Transcript.
Berg, M., Lampe, S., Scherr, S., Schmitt, A., Sept, A., Tamanini, C., Tamanini, J., & Zerrer, N. (2022). Digitale Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen und wie sie gestaltet werden kann. Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung. http://hdl.handle.net/10419/261471
Zerrer, N., & Sept, A. (2021). Smart Villagers im Visier. Land in Form - Magazin für Ländliche Räume, (3), 40-41. https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/fileadmin/Redaktion/Seiten/Service/Publikationen/LandInForm/2021/LandInForm_2021_03_V2.pdf
Christmann, G. (2023). Social Innovations in Rural Areas. in J. Howaldt, & C. Kaletka (Hrsg.), Encyclopedia of Social Innovation (S. 261-265). (Elgar Encyclopedias in Business and Management). Edward Elgar.
Christmann, G., Sept, A., & Richter, R. (2024). Socially Innovative Initiatives in Deprived Rural Areas of Germany, Ireland and Portugal: Exploring Empowerment and Impact on Community Development. Societies, 14(5), [58]. https://doi.org/10.3390/soc14050058
Christmann, G., Sept, A., & Richter, R. (2024). Social Innovation in Urban and Rural Areas: Empowerment, (Disruptive) Transformative Processes and Impact on Community Development . MDPI. https://www.mdpi.com/2075-4698/14