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Beschleunigtes Planungsverfahren problematisch
IRS-Leitprojekt ergründet Planungskonflikte um Tesla-Ansiedlung
Ob LNG-Terminal oder Windpark: In politischen Debatten wird die beschleunigte Planung von Infrastrukturprojekten gefordert. Ein IRS-Leitprojekt zur Ansiedlung der Tesla-Gigafactory in Grünheide (Brandenburg) zeigt, dass diese Beschleunigung hohe politische Kosten hat, wenn damit ein Abbau der Öffentlichkeitsbeteiligung einhergeht. Vorzeitige Zulassungen, Zeitdruck und Beteiligungsdefizite können das Vertrauen in die Demokratie gefährden. Konflikte spitzen sich zu, weil Erwartungen an eine demokratische Debatte enttäuscht, die Ergebnisoffenheit von Verfahren angezweifelt und Misstrauen verstärkt werden. Als Alternative schlägt eine nun erschienene Publikation vor, das Personal in den Behörden aufzustocken, Konflikte frühzeitig und offen zu kommunizieren und die Beteiligung in Planungsverfahren transparenter zu gestalten.
Machtkonflikte statt Sachkonflikte
Das Leitprojekt „Konflikte in der Planung: Großprojekte und ihr Potenzial zum institutionellen Wandel“ (2022-2025) des Forschungsschwerpunkts „Politik und Planung“ untersucht die vielfältigen Planungskonflikte um die Ansiedlung der Tesla-Gigafactory in Grünheide/Brandenburg. Als Zwischenergebnis zeigt sich, dass der hohe Zeitdruck von Investor und Land, die Defizite bei der Öffentlichkeitsbeteiligung und die intransparente Kommunikation von Tesla dazu beitrugen, die Konflikte zu verschärfen. Streitfragen in der Sache, wie beispielsweise der Trinkwasserschutz, wurden dabei überlagert von Verfahrenskonflikten. „Planungsverfahren sollen Projekte ergebnisoffen prüfen. Diese Verfahren haben aber gerade die Projektgegner nicht als ergebnisoffen wahrgenommen. Die Auseinandersetzung wurde als Machtkonflikt, nicht als Sachkonflikt interpretiert“, sagt Planungsforscher und Projektleiter Manfred Kühn. So sei Misstrauen gegenüber den verantwortlichen Behörden und letztlich der Demokratie verstärkt worden.
Ein Höhepunkt der formellen Öffentlichkeitsbeteiligung war die achttägige Erörterung der Einwände gegen das Projekt in der Stadthalle Erkner im September 2020. „Teilnehmende haben die Veranstaltung wegen der hohen Emotionalität als ‚kleinen Volksaufstand‘ und ‚Showdown‘ beschrieben“, so Kühn. Erörterungstermine sind bisher die einzige Arena, um Konflikte zwischen Projektträgern und Gegnern öffentlich auszutragen. Allerdings sei den Beteiligten in Erkner unklar gewesen, ob der Termin wirklich einer demokratischen Auseinandersetzung dienen sollte oder nur der Informationssammlung der Behörden. Das habe zu Enttäuschung geführt, so die Studie. Als Reaktion darauf wird von den Gegnern ein Ausbau der demokratischen Beteiligung, von den Verfahrensträgern dagegen die Abschaffung von Erörterungsterminen in Genehmigungsverfahren gefordert.
Nicht zur Nachahmung empfohlen
„Das Vorgehen im Fall Tesla – besonders die vorzeitigen Zulassungen – wird nicht zur Nachahmung empfohlen“, sagt Planungsforscher Manfred Kühn. Die Studie macht einige Vorschläge für zügige und zugleich demokratieverträglichere Planungsverfahren. Auch bei politisch erwünschten Projekten sollen demnach die Standortalternativen ergebnisoffen diskutiert werden. Konflikte sollen frühzeitig in öffentlichen Arenen mit klar definierten Regeln der Beteiligung ausgetragen werden. Der jeweilige Grad der Ergebnisoffenheit und die Stufe der Öffentlichkeitsbeteiligung soll im gesamten Prozess transparent kommuniziert werden. Schließlich, so die Studie, gerieten Planungsbehörden zunehmend in die Rolle von Konfliktmanagern und benötigten dafür mehr qualifiziertes Personal.
Die hier vorgestellten Ergebnisse wurden am 19. Juni 2023 in der Fachzeitschrift „Raumforschung und Raumordnung“ veröffentlicht.