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Gute Bedingungen für lokale Wertschöpfung aus Windkraftanlagen
Erfahrungen und Empfehlungen, IRS Dialog 2 | 2020
Die Beteiligung von Standortkommunen an der Wertschöpfung aus Windkraftanlagen ist ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechten, gesellschaftsverträglichen Umsetzung der Energiewende. Ländliche Gemeinden können finanziell profitieren und die Akzeptanz unter den Anwohnenden kann gefördert werden. In dem am 23.09.2020 von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf des EEG 2021, welches zum 01.01.2021 in Kraft treten soll, ist die Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung von Standortkommunen zum ersten Mal in einer Bundesgesetzgebung verankert. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es dagegen bereits seit 2016 ein Landesgesetz, welches Anlagenbetreiber dazu verpflichtet, umliegende Gemeinden und Anwohnende an den Erträgen zu beteiligen. In unserer Forschung haben wir durch Interviews mit Gemeindevertreter*innen in Mecklenburg-Vorpommern und Vertreter*innen aus der Windenergiebranche erste praktische Erfahrungen mit dieser gesetzlichen Regelung in Mecklenburg-Vorpommern erhoben. Daraus haben wir zehn Empfehlungen abgeleitet, die ein Gesetz zur Stärkung lokaler Wertschöpfung aus Windkraftanlagen zum Erfolg führen können.
1. Bundeseinheitliche Lösung - lokale Rechtssicherheit
Eine bundeseinheitliche Lösung bietet Rechtssicherheit und bundesweit gleiche Bedingungen für Vorhabenträger. Gleichzeitig können so bundesweite Mindeststandards für lokale Wertschöpfung gesetzt werden, von denen Gemeinden im gesamten Bundesgebiet profitieren.
2. Einfache Regelungen – einfache Umsetzung
Ein Beteiligungsgesetz muss anwendungsorientiert gestaltet sein. Es sollte gut und transparent von Vorhabenträgern umgesetzt werden können und in den Standortkommunen möglichst einfach vermittelbar sein.
3. Klare Erwartungen – kurze Zeithorizonte
Um für die Lösung von lokalen Windkraftkonflikten überhaupt relevant zu sein, muss für Anwohnende und Gemeinden klar sein, was sie zu erwarten haben, z.B. durch festgelegte oder gesetzlich festgeschriebene Zahlungen. Frühzeitige, belastbare Informationen über den individuellen bzw. gemeindlichen Nutzen können helfen, den Zeitraum bis zur tatsächlichen Anwendung konstruktiv zu überbrücken.
4. Gestaltungsspielräume für Kommunen – Mindeststandards setzen
Bei aller gebotenen Einfachheit sollte ein Mindestmaß an Entscheidungsmöglichkeit für Gemeinden gewährleistet sein. Es muss gesetzlich ausgeschlossen werden, dass Kommunen „leer ausgehen“, weil sie selbst nicht investieren wollen oder können.
5. Raum für individuelle Lösungen schaffen
Eine gute Zusammenarbeit zwischen Vorhabenträgern und Gemeinden ist zu fördern. Dazu müssen Spielräume geschaffen werden, die es erlauben, Vereinbarungen zu treffen, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen.
6. Beratung und Unterstützung für Kommunen
Die Energiewende stellt Kommunen vor viele Herausforderungen. Sie bietet aber gleichzeitig auch große Chancen. Eine als neutral angesehene Beratung, die Gemeinden in Bezug auf die Umsetzung gesetzlicher Regelungen berät und Entscheidungsprozesse begleitet, ist wichtig.
7. Kommunale Netzwerke stärken
Kommunen müssen sich austauschen können. In „peer-to-peer“-Beratungen können Gemeinden gegenseitig ihre Erfahrungen mit lokalen Energiewendeprojekten austauschen, Hilfe suchen oder auch anbieten. Durch Kommunikation mit „Gleichgesinnten“ werden Probleme und Unsicherheiten oft schneller behoben. Das Lernen von Vorbildkommunen, in denen man die lokale Wertschöpfung aus der Energiewende bereits erfolgreich gesteigert hat, kann so gelingen.
8. Energieagenturen auf regionaler oder Landesebene
Die Beratung und Unterstützung von Kommunen, der Aufbau und die Pflege von kommunalen Netzwerken und weitere unterstützende Angebote benötigen Ressourcen. Egal ob bei einer Landesenergieagentur, bei einem regionalen Energiemanagement oder einer anderen zuständigen Behörde für Regionalplanung: Dazu müssen Verantwortlichkeiten geschaffen und die entsprechenden Organisationen mit personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet werden.
9. Vielfalt berücksichtigen und strukturelle Benachteiligungen abbauen
Bestehende strukturelle Benachteiligungen einzelner Gemeinden (z.B. durch mangelnden Flächenbesitz, schlechte Finanzausstattung oder kleine Verwaltungen) im Hinblick auf mangelnde Gestaltungsmöglichkeiten dürfen nicht verfestigt werden. Wer lokale Wertschöpfung erhöhen will, muss daher Kommunen zielgenau befähigen, ihre spezifischen Interessen in den Prozess einbringen zu können („Empowerment“).
10. Räumliche Gerechtigkeit in der Energiewende fördern
Eine räumliche Gleichverteilung von Windkraftanlagen ist weder erstrebenswert noch umsetzbar. Räumliche Gerechtigkeit in der Energiewende sollte vielmehr durch einheitliche Rahmenbedingungen erreicht werden, die dafür Sorge tragen, dass Verfahrens- und finanzielle Verteilungsgerechtigkeit sowie gerechte Lastenausgleiche gewährleistet sind. Die gesetzliche Verankerung der Stärkung lokaler Wertschöpfung und die Schaffung guter Rahmenbedingungen für Gemeinden können dazu wichtige Schritte sei.