15. August | 2023

Pandemische Wellen in der Zeit, aber nicht im Raum

Paper zur Ausbreitung von COVID-19

Ein kürzlich im Journal „Spatial and Spatio-temporal Epidemiology“ veröffentlichter Artikel der IRS-Wissenschaftler Andreas Kuebart und Martin Stabler betrachtet die Schwere der COVID-19-Pandemie auf Ebene der deutschen Landkreise im Zeitverlauf. Die Studie zeigt: Die ersten vier Pandemiewellen verteilten sich sehr ungleichmäßig innerhalb Deutschlands. Auch über lange Zeiträume blieben die Verteilung jedoch überraschend stabil und die betroffenen Regionen gleich.

Während gängige Modelle ein „Wandern“ der COVID-19-Pandemie im Raum erwartet haben, zeigen die Ergebnisse von Kuebart und Stabler, dass die Hotspots und Coldspots der ersten vier Wellen im Raum relativ stationär waren. Diese Befunde deuten an, dass die lokalen Gegebenheiten die Schwere der Pandemie stark beeinflusst haben. Dies unterstreicht die Bedeutung der regionalen Untersuchung von Pandemiewellen, um ein umfassenderes Verständnis ihrer Dynamik zu gewinnen.

Der Artikel präsentiert einen neuartigen Ansatz zur Analyse der räumlich-zeitlichen Dynamik der COVID-19-Pandemie in Deutschland. Darin wird das Ausbreitungsmuster von COVID-19 während fünfzehn klar abgegrenzten zeitlichen Phasen der Pandemie analysiert. Um Problemen bei der Vergleichbarkeit von Inzidenzwerten über die zwei Jahre des Untersuchungszeitraums, in dem sich die Teststrategie mehrfach verändert hatte, entgegenzuwirken, wurde ein Komposit-Indikator verwendet. Dieser zusammengesetzte Indikator bezieht neben der COVID-19-Inzidenz auch die Inzidenz der Todesfälle sowie die Inzidenz der Intensivpatient*innen ein. Im Zuge der geostatistischen Analyse konnten ähnliche „Trajektorien“ (Verlaufswege) der Pandemieschwere über die fünfzehn Phasen unter allen deutschen Landkreisen identifiziert werden.

Das Papier ist ein Produkt aus dem durch die DFG geförderten Projekt „CODIFF“, in welchem die räumlichen Ausbreitungsmuster der COVID-19-Pandemie in Deutschland untersucht wurden. In dem Anfang 2023 abgeschlossenen Projekt wurde das Potential von zeit-räumlichen Analysemethoden genutzt, um pandemische Ausbrüche zu verstehen.

Ein weiterer Artikel aus dem Projekt ist Anfang des Jahres als Pre-Print-Fassung auf dem Medarxiv-Server erschienen und geht stärker auf die Details der zeitlichen Unterteilung der ersten beiden Pandemiejahre 2020 und 2021 ein. Hier wird ein Phasenmodell der Pandemie entwickelt und jede der fünfzehn Phasen einzeln räumlich und inhaltlich analysiert. Dabei stehen neben den Ausbreitungsmustern der Pandemieschwere auch andere Indikatoren der Ausbreitungsdynamik im Vordergrund, etwa die jeweilige Rolle von importierten Fällen und lokalen Ausbrüchen, sowie die Ausbreitung von neuen Virusvarianten. Der zugehörige Datensatz wurde auf dem Zenodo Server veröffentlicht.