20. Januar | 2023

Arenen des Konflikts: Planung und Partizipation in der pluralen Demokratie

Neues DFG-Projekt

Ob Proteste gegen Großprojekte, Windenergieanlagen oder Bebauungspläne in wachsenden Großstädten – die räumliche Planung ist heute verstärkt mit Konflikten konfrontiert. Die Planungsakteure stehen dabei vor einem Dilemma: Einerseits wird die Beschleunigung von Verfahren gefordert, um gemeinwohlorientierte Ziele wie Klimaschutz, Energiewende und Wohnungsbau zu erreichen. Andererseits steigen die Ansprüche an die Partizipation der Öffentlichkeit. Dabei geraten die bisherigen Formen der Bürgerbeteiligung an ihre Grenzen. Denn höhere Stufen der Beteiligung oder direktere Demokratieformen wie Bürger- bzw. Volksentscheide tragen oft nicht zur Befriedung von Konflikten bei, sondern können diese verschärfen.

Die gestiegene Relevanz von Konflikten wird in der internationalen Planungstheorie durch Ansätze der agonistischen Planung aufgegriffen. Eine Erkenntnis daraus ist: Antagonistische Kämpfe – also solche zwischen Feinden – müssen in agonale Auseinandersetzungen zwischen Gegnern verwandelt werden, damit Planungsverfahren gelingen können. Eine wichtige Voraussetzung für die Zähmung von Konflikten im Rahmen der pluralen Demokratie ist zudem die Akzeptanz von Regeln der Konfliktaustragung.

Dieser Problemstellung widmet sich das neue DFG geförderte Projekt „Arenen des Konflikts: Planung und Partizipation in der pluralen Demokratie“ (Laufzeit: 1/2023 bis 12/2025). Das Projekt ist in der Forschungsgruppe Stadtentwicklungspolitiken im Forschungsschwerpunkt Politik und Planung des IRS angesiedelt. Es ergänzt das laufende Leitprojekt „Konflikte in der Planung: Großprojekte und ihr Potenzial zum institutionellen Wandel“ und wird von Manfred Kühn geleitet. Zur Analyse der Austragungsformen und Regelung von Konflikten rückt das Forschungsvorhaben die Beteiligungsformen in Planungs- und Genehmigungsverfahren in den Mittelpunkt und verwendet den Ansatz der „Konfliktarena“. Darunter werden Orte der öffentlichen Konfliktaustragung verstanden, in denen Akteure mit widerstreitenden Interessen in Partizipationsverfahren im Vorfeld von amtlichen Entscheidungen aufeinandertreffen. Durch dieses Aufeinandertreffen entsteht zwischen Befürwortern und Gegnern ein Raum des Streits innerhalb von Planungs- und Genehmigungsverfahren, der die Entscheidung über Konflikte im besten Fall demokratisch legitimiert.

Zur empirischen Analyse von Planungskonflikten wird der Ansatz der Konfliktfeldanalyse verwendet. In sechs empirischen Fallstudien in Deutschland werden Konflikte in den Feldern der Stadtentwicklungsplanung (Berlin und Hamburg), der Bauleitplanung (Freiburg und Potsdam) und der Genehmigung von Projekten  untersucht. Die Forschenden arbeiten mit qualitativen Methoden der Sozialforschung: Dokumentenanalysen, Medien- und Presseanalysen sowie Interviews mit Akteur*innen aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Zwei Expert*innenworkshops dienen dem Vergleich der empirische Fallstudien und der Diskussion der Verallgemeinbarkeit der Ergebnisse. Die (Zwischen-)Ergebnisse werden auf nationalen und internationalen Fachkonferenzen präsentiert und in Artikeln von nationalen und internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht.

Ob Proteste gegen Großprojekte wie Stuttgart 21, Windenergieanlagen oder Bebauungspläne in wachsenden Großstädten: Die räumliche Planung ist verstärkt mit Konflikten konfrontiert. Dabei geraten die klassischen Formen der Bürgerbeteiligung an ihre Grenzen. Ziel dieses Projektes ist es, vorhandene Planungstheorien weiter zu entwickeln, indem rationale, kommunikative und agonistische – also auf Konflikte bezogene – Planungstypen im Umgang mit Konflikten unterschieden und Planungskonflikte an empirischen Fallbeispielen in der Praxis untersucht werden. mehr info

Das Projekt untersucht Großprojekte als tiefgreifende Brüche, welche die eingespielten Routinen von Institutionen erschüttern und zu einem institutionellen Wandel führen können. Das Projekt untersucht das Großprojekt der Tesla-Ansiedlung im Vergleich zu weiteren Fallstudien in Hinblick auf disruptive Wirkungen auf Politik und Planung und überprüft damit die Übertragbarkeit des Begriffs Disruption auf die Politik- und Planungsforschung. mehr info