06. Mai | 2022

Hochschulen im dialogischen Wissenstransfer mit der Zivilgesellschaft

Zum Abschluss der Pilotreihe der Innovation Salons im Projekt „Open Region“

Innovationen werden nicht ausschließlich von dafür typischerweise vorgesehenen Akteuren, wie z.B. Wissenschaftseinrichtungen oder forschenden Unternehmen, generiert. Auch zivilgesellschaftliche Akteure können eine zentrale Rolle in Innovationsprozessen spielen. Allerdings werden sie selten systematisch in Neuerungsprozesse einbezogen und auch in Förderprogrammen häufig nicht berücksichtigt. Innovationen entfalten sich zudem oft im Kontext von Hemmnissen, Problemen oder Herausforderungen im alltäglichen Handeln. Betroffene finden darüber kreative, zuweilen sogar innovative Lösungen im Umgang mit Herausforderungen. Das Instrument der Innovation Salons knüpft an diese Überlegungen an und bringt regionale Herausforderungen, kreative Problemlöser*innen und zusätzliche Expertise aus anderen (Arbeits-)Kontexten zusammen, um neue Perspektiven auf regionale Problemlagen und Herausforderungen zu eröffnen. Das Team des „Open Region“-Projekts erprobte in einer ausschließlich digital durchgeführten Pilotreihe, wie ein solches Format funktionieren kann und welche Wirkung es entfaltet. Jeder Salon bestand dabei aus einem Tandem von zwei Workshops, in denen zunächst eine geteilte Problemwahrnehmung entwickelt und anschließend gemeinschaftlich erste Lösungsoptionen erarbeitet wurden.

Baruth und das Gesundheitshaus

Der erste Innovation Salon Anfang 2021 knüpfte an Pläne zu einem kommunalen Gesundheitshaus in der Kleinstadt Baruth/Mark an. Themenbezogene Initiativen und Einrichtungen vor Ort sowie Transfermitarbeitende regionaler Hochschulen entwickelten drei prototypische Projektskizzen zu den Themenbereichen Mobilitätskonzepte rund um ein Gesundheitshaus, Einbeziehen von telemedizinischen Ansätzen und Erschließung neuer Förderkontexte für das Gesundheitshaus.

Über ein Jahr nach diesem Salon zeigt sich, dass sich Teilnehmende des Salons auf teilweise nicht vorhersehbare Art vernetzt haben. Eine Teilnehmerin aus dem Transferservice einer der beteiligten Hochschulen ist beispielsweise als Meditationslehrerin in das Gesundheitshausprojekt eingestiegen. Nach dem Salon konnten zudem lose bestehende Vernetzungen intensiviert und für die Zusammenarbeit ausgebaut werden. Auch wurde mit einer Projekthomepage schon eine erste Idee aus dem Salon in die Praxis umgesetzt. Die Teilnehmer*innen berichten zudem, dass im Salon diskutierte Themen immer wieder aufgegriffen werden und dass die Veranstaltung auf sie sehr motivierend wirkte.

Instrumente für einen mehrdirektionalen Wissenstransfer

Das zweite Tandem im Spätsommer 2021 widmete sich Instrumenten für einen mehrdirektionalen – also in beide Richtungen wirkenden – Wissenstransfer zwischen Hochschulen und regionalen Akteuren. Der Kreis der Teilnehmenden setzte sich hauptsächlich aus Mitarbeiter*innen der Brandenburger Präsenzstellen und anderen Transferstellen zusammen. Diese erarbeiteten zwei prototypische Stellenausschreibungen von Transfermitarbeiter*innen, um so das Aufgabenspektrum im Bereich des mehrdirektionalen Wissenstransfers besser zu erfassen.

Für diesen Salon lassen sich noch keine so klaren und direkten Auswirkungen beobachten wie für den ersten Salon. Allerdings setzte der erste Salon auch in einer Phase an, in der die Beteiligten bereits eine erste Lösungsidee entwickelt hatten, während der zweite Salon an einem Punkt ansetzte, an dem die Teilnehmer*innen zwar Teil einer Diskussion über ein Problem waren, aber noch keine konkreten Lösungsideen im Raum standen. Der Salon sieht sich als Beitrag zu einer laufenden Debatte um die Rolle von Wissenschaftseinrichtungen für und in Regionen und beleuchtet die vielschichtigen neuen Erwartungen und Handlungsnotwendigkeiten.

Geht das auch digital? Medienpädagogische Inhalte in der Jugendsozialarbeit

Das dritte Tandem im Januar und März 2022 wurde in Kooperation mit dem Jugendinformations- und Medienzentrum JIM in Fürstenwalde rund um den Anlass, Medienpädagogik stärker in der Jugendsozialarbeit zu verankern, durchgeführt. Die Teilnehmer*innen kamen hauptsächlich aus den Bereichen der Jugendsozialarbeit, Erziehungswissenschaften, sozialen Dienstleitungen und Digitalisierung. Anhand fiktiver Personas wurden Lösungsansätze in Form von drei „Storytellings“ entwickelt.

Auch bei diesem Tandem konnte beobachtet werden, dass lose Beziehungen zu konkreten Kooperationen ausgebaut wurden. Weitere Auswirkungen dieses letzten Salon-Tandems werden voraussichtlich in den kommenden Monaten zu beobachten sein.

Systematische Suche nach Innovationsanlässen und nachhaltige Begleitung

Die bereits sichtbaren Wirkungen und das positive Feedback bestärken in der Annahme, dass Hochschulen mit der Logik, die den Salons zu Grunde liegt, einen Weg finden können, sich über dialogischen Wissenstransfer mit der Zivilgesellschaft in regionale Lösungs- und Innovationsprozesse einzubringen und sich in sozialen Prozessen zu engagieren. Allerdings bleiben nach Abschluss der Pilotreihe auch noch einige Fragen zur weiteren Diskussion offen. So zeigte sich etwa, dass nicht nur die inhaltliche Ausgestaltung der Salons selbst, sondern die systematische Suche nach Innovationsanlässen oder Veränderungsprozessen in der Region sowie die Suche nach Formen einer nachhaltigen Begleitung im Anschluss an abgeschlossene Innovation Salons wichtig sind, um ein solches oder ähnliches Format dauerhaft etablieren und seine Auswirkungen dokumentieren zu können.

Das Projekt ist Teil des „Innohub13“-Verbunds der TH Wildau und der BTU Cottbus-Senftenberg. Es wird gefördert aus dem BMBF-Programm „Innovative Hochschule“.

 

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Foto: Monkey Business/stock.adobe.com

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