26. November | 2020

Was klimapolitische Vorreiterstädte voneinander lernen können

Abschlussworkshop des MaFoCi-Projekts

Die finnische Stadt Turku gilt als Vorreiterin der städtischen Klimapolitik. Bereits 2029 möchte sie klimaneutral sein. Im Auftrag der Stadt und in Kooperation mit der Åbo Akademi University untersucht das IRS im Projekt „Matching Forerunner Cities“ (MaFoCi), was Turku von vergleichbar aufgestellten Städten im Nord- und Ostseeraum in Sachen Klimaschutz lernen kann, sowie was die Städte voneinander lernen können. Nun fand der Abschlussworkshop des Projekts statt. Die Publikation von Ergebnissen wird für Anfang 2021 erwartet.

Am 13. November 2020 wurde der halbtägige Workshop per Videokonferenz abgehalten. Die Organisation und Moderation übernahmen Kristine Kern und Wolfgang Haupt von der ehemaligen Forschungsabteilung „Institutionenwandel und regionale Gemeinschaftsgüter“ sowie die am Projekt beteiligten Forschenden aus Finnland und den Niederlanden. Neben dem MaFoCi-Projektteam nahmen 20 Expertinnen und Experten aus den Stadtverwaltungen der Städte Turku, Groningen, Rostock, Hamburg und Zwickau am Workshop teil. Den inhaltlichen Schwerpunkt bildeten Präsentation und Diskussion der klimapolitischen Empfehlungen seitens des Projektteams an die Stadtverwaltung in Turku. Bereichert wurde die Veranstaltung zudem durch Vorträge der Stadtverwaltungsmitarbeiter Jasper Tonen (Groningen) und Erik Höhne (Zwickau), die zu den Themen Energiearmut und Energiewende und Partizipation der Bevölkerung referierten.

Groningen (Niederlande) ist neben Rostock und Malmö (Schweden) eine der Vergleichsstädte, die im MaFoCi-Projekt studiert wurden. Die drei Städte waren ausgewählt worden, weil sie viele strukturelle Ähnlichkeiten mit Turku aufweisen: Sie sind ähnlich groß, gelten in ihren jeweiligen Ländern als klimapolitische Vorreiter, sind traditionsreiche Hansestädte, verfügen als alte Universitätsstädte über eine starke Forschungsinfrastruktur und mussten im Lauf ihrer Geschichte ähnliche Strukturwandelprozesse bewältigen.

Im Lauf der Forschung erwies sich die Auswahl der drei MaFoCi-Vergleichsstädte zwar in vielerlei Hinsicht als tragfähig, mit Blick auf das Thema Integration von Klimaschutz und Klimaanpassung entschied sich das Team jedoch auf Erfahrungen aus dem ExTrass-Projekt, das deutsche Städte mit Blick auf ihre Klimastrategien vergleicht, zurückzugreifen. In dieser Hinsicht konnte die Stadt Hamburg als Vorbild dienen, wo beide Themen viele Jahre in einer Klimaleitstelle integriert bearbeitet wurden. Im Gegensatz dazu wurde die Klimaanpassung in Turku bisher wenig institutionalisiert. Es verwundert daher nicht, dass die Diskussionsbeiträge eines Hamburger Experten auf große Resonanz stieß und zu vielen Rückfragen führte.

Auch beim Thema Partizipation der Bevölkerung wurde bei der Workshopgestaltung auf zusätzliche externe Expertise gesetzt. Gesellschaftliche Mitbestimmung an der Politikformulierung ist in Finnland kaum verankert. Mit Groningen und Rostock standen zwei partizipationsstarke Städte als Vergleichsfälle zur Verfügung, deren Erfahrungen jedoch kaum auf die Situation in Turku übertragbar sind. Besonders Groningen blickt auf eine jahrzehntelange Tradition aktiver bürgerschaftlicher Initiative zurück, die unter anderem zur Transformation Groningens zur Fahrradstadt wesentlich beigetragen hat. Zwickau jedoch, das erst mit dem Start der Elektrofahrzeugproduktion durch VW zu einer von der klimafreundlichen Ökonomie begünstigten Stadt wurde, verfügt über reichhaltige Erfahrungen im behutsamen Aufbau von partizipativer Strukturen in der städtischen Klimapolitik. In dieser Hinsicht ist die sächsische Industriestadt dem finnischen Turku näher als die anderen Forerunner Cities.