Stadtpolitiken im Umgang mit Peripherisierung
Forschungsabteilung: Regenerierung von Städten
Forschungsthemen: Krisen und Resilienzen im Mehrebenensystem Formen und Implikationen raumbezogener Governance
Projektleitung im IRS: Dr. Manfred Kühn
Projektteam: PD Dr. Matthias Bernt Daniel Förste Dr. Laura Colini
Laufzeit: 01/2012 - 12/2014
Das Leitprojekt der Forschungsabteilung bildete den Abschluss der sechsjährigen Forschungen über die Peripherisierung von Städten. Peripherisierung wurde dabei als ein mehrdimensionales Konzept verwendet, das verschiedene sozialräumliche Prozesse umfassen kann: die Abkopplung von der Innovationsdynamik der Wissensökonomie und/oder von Infrastrukturnetzen, die Abhängigkeit von Entscheidungszentralen in Wirtschaft und Politik sowie die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte. Folgen der Peripherisierung sind in vielen Städten und Stadtregionen, die demografische Schrumpfung und bauliche Leerstände, sowie eine räumliche Konzentration sozialer Probleme (Armut, Arbeitslosigkeit, Exklusion).
Das Leitprojekt hat den Umgang der Stadtpolitiken mit diesen Prozessen untersucht. Dabei standen folgende Fragen im Mittelpunkt:
• Wie beeinflussen sozialräumliche Peripherisierungsprozesse den Wandel von Steuerungsformen?
• Wie prägt der Wandel von Governance-Formen sozialräumliche Peripherisierungsprozesse?
Das Leitprojekt hat einen Beitrag zur Theoriebildung geleistet und vorhandene Forschungsansätze zur Erklärung von Peripherien weiterentwickelt, indem Ansätze der Segregations-, Marginalisierungs- und Exklusionsforschung einbezogen werden. Ziel war es, akteurs- und handlungsorientierte Konzepte zu schärfen und die Übertragbarkeit des Peripherisierungsansatzes auf verschiedene räumliche Maßstabsebenen zu prüfen. Die theoretischen Zugänge orientierten sich dabei an Ansätzen der raumbezogenen Institutionen- und Governanceforschung sowie der Gemeindemachtforschung.
Empirisch hat das Leitprojekt eine Erweiterung der bisherigen Perspektive in zwei Richtungen erreicht: Zum einen wurde die Positionierung von Mittelstädten in Bezug auf die sie umgebenden Regionen genauer untersucht. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil aktuelle Studien einerseits verstärkt auf einen Bedeutungsverlust gerade der peripheren Zentren verweisen – andererseits in Raumforschung und Raumpolitik aber Ansätze populär sind, in denen Mittelstädten Funktionen zur Stabilisierung peripherer, ländlicher Regionen normativ zugeschrieben („Anker im Raum“, „Wachstumspole“) werden. Das Leitprojekt hat daher auf die Untersuchung regionaler Kooperationen und Konkurrenzen in Pirmasens und Stendal fokussiert und damit verbundene Governance-Formen in peripherisierten Räumen thematisiert. Zum Zweiten wurde im Leitprojekt geprüft, wie das Konzept der Peripherisierung von Mittelstädten in strukturschwachen Räumen auf die Entwicklung von Teilgebieten innerhalb von Großstädten übertragen werden kann und damit zu einem besseren Verständnis von dort zu beobachtenden Phänomenen beiträgt. Dabei wurde eine Großwohnsiedlung am Stadtrand von Halle untersucht.
Das Projekt hat dabei die Rolle von Stadtentwicklungspolitiken in der Abschwächung oder Verstärkung von Marginalisierungsprozessen hinterfragt. Die empirischen Fallstudien zu den Städten Pirmasens, Stendal und Halle belegen, dass Peripherisierungsprozesse auch auf Entscheidungen von Akteuren und Governanceprozessen beruhen und damit machtgesteuert sind. In mehreren Aufsätzen referierter Fachzeitschriften sowie einer Buchmonographie wurden damit Erklärungsansätze für das „Making“ von sozialräumlichen Peripherisierungsprozessen erarbeitet.